Freitag, 23. April 2010

NKF-Gasque

Hallo ihr!

Dem aufmerksamen Leser meines Blog wird nicht entgangen sein, dass ich beim vorletzten Eintrag eine nebulöse Andeutung gemacht habe, der Tag wäre nach dem großen Konzert mit Flügelabgang noch lange nicht vorbei gewesen. Den Abend werde ich jetzt nachreichen.

Der für die Chöre so richtig spaßige Teil kam - so schön das Konzert auch war - nämlich im Verborgenen erst abends. Da war nämlich das große Gasque der Chöre. Gar nicht so einfach dort reinzukommen, es gab nämlich deutlich mehr Anwärter auf die raren Plätze als selbige vorhanden waren. Dennoch gelang es mir nach einigem Hin und Her, Zittern und Bangen, und durch Anwendung hier nicht näher beschriebener Tricks mich in diese Veranstaltung hineinzuschmuggeln. 

Das NKF-Gasque ist ein ganz besonderes Gasque. (Kann es sein dass ich das bei jedem Gasque behaupte? Egal, hier triftt es ganz sicher zu!) Denn da nur Chormitglieder dort sind, herrscht eine besondere Stimmung, alle verbindet schließlicht etwas, was auch den Gesprächseinstieg mit den Sitznachbarn sehr vereinfacht. Außerdem neigen Chöre dazu, ein besonders tolles Rahmenprogramm bei all ihren Veranstaltungen (Chorwochenende, Gasque, Ball,...) aufzufahren und zu organisieren, so dass es an Ablenkung wahrlich nicht fehlt. So hatte dieses Gasque auch ein Motto, und zwar das Motto "Das Gesicht zu den Sternen", um mal mein holpriges Schwedisch zu bemühen. Dies bedeutete, dass der ganze Abend immer wieder bezug auf dieses - zugegebenermaßen sehr freie - Motto nahm, vor allem aber jeder dazu eingeladen war, sich dem Motto gemäß zu verkleiden. Und begeisterungsfähig wie alle im Chor immer sind, sind tatsächlich auch alle diesem Aufruf gefolgt und haben sich verkleidet. Alle? Nun ja...einer nicht. Das war leider ich. Zum einen fehlte mir dafür die tolle Verkleidungskiste, die wir früher zu Hause immer hatten, und zum anderen war ich meilenweit davon entfernt mir auch nur Gedanken über ein Kostüm machen zu  können, geschweige denn die Zeit dafür zu haben es zu realisieren. Das war etwas schade, aber alle anderen hatten sich wahrlich viel Mühe gegeben. Entsprechend dem weitgefassten Motto war auch alles Mögliche vertreten: Von Mr. Spock über eine NASA-Mondrakete bis zu echten Weltstars konnte man jedes Kostüm finden. Wer kennt zum Beispiel diese schwedischen Legenden?

Jede Wette, dass die jemand errät.
Was sagt die ältere Generation meiner Leser?

Eine weitere schöne Sache an solch einem Gasque ist, dass trotz des vollen Programms und der Tatsache, dass natürlich wie immer gut und viel gegessen wird (da es schon hieß es ginge in meinem Blog immer nur um's Essen kommen jetzt hier mal ausnahmsweise keine Bilder dazu), wie auch bei anderen Gasques fleißig gesungen wird. Und glaubt mir, es ist wirklich etwas gaaanz anderes, ob 70 mäßig begabte Menschen ein Lied grölen oder weit über 200 geübte Chorstimmen ein die Melodie anstimmen. Da möchte man fast nicht mehr ohne.

Das alles ist aber noch nicht das wahre Highlight. Die Krönung des Abends ist nämlich ein Wettbewerb, der Kampf um die "Goldene Gabel" (möglichweise lautet die Korrekte Übersetzung auch "Goldene Stimmgabel", dass darf sich jeder selbst aussuchen). Da treten nämlich in einem erbarmungslosen Wettstreit alle Chöre gegeneinander an, wer das beste Lied auf die Bühne bringt. Dabei zählt neben stimmlicher Qualität auch der Gesamtauftritt samt Performance, und da lassen sich schon alle was richtig Gutes einfallen. Auch wir waren präpariert, mit einem Lied über den Östgöta-Dialekt - ähnlich schön und beliebt wie bei uns das Sächsische. Damit konnten wir seltsamerweise das Publikum in der Östgöta-Nation, wo das Ganze stattfand, nicht für uns begeistern. Zumindest den parteiischen Teil, alle anderen Chöre konnten herzhaft darüber lachen. Zum Sieg reichte es dennoch nicht, den holte sich - Ehre gerettet - aber immer der Männerchor meiner Nation (wir waren am zahlreichsten vertreten, mit Damen-, Herren- und gemischtem Chor). Unsere Männer rissen mit ihrem Auftritt vor allem das weibliche Publikum mit und wussten mit einem Medley der größten Hits der Backstreetsboys die Damenherzen zu schmelzen. Naja, sei's ihnen gegönnt, im Männerchor hat man was  die Auswahl an Frauen angeht ja ein eher hartes Leben. ;-)

Übrigens das erste Mal, dass ich den Männerchor
ohne Frack gesehen habe.

Zwischen all dem Trubel blieb kaum Zeit sich mit seinen Sitznachbarinnen zu unterhalten. Ich hatte aber Glück dieses Mal, denn ich saß nur zwei Plätze weiter von unserem Dirigenten Henrik Larsson und konnte mich endlich mal länger mit ihm unterhalten. Dabei entstand auch dieses Foto.

Er ging übrigens als der schwedische (Ex-)Fußballationalspieler
Henrik Larsson... . Wie passend! :-)

Erwähnenswerter Weise war der Abend teilweise sehr deutschlastig. Mir gegenüber saß eine Halbdeutsche, ein Chor präsentierte ein Lied in Lederhosen und teilweise auf Deutsch (kaum zu verstehen, aber naja), und auch im Programm der Lieder die wir alle gemeinsam zum Essen gesungen war ein deutsches zu finden. Wer auch immer dieses Lied gesetzt hat schien jedoch nicht zu ahnen, wie sinnverändernd schon der Tausch von zwei Buchstaben sein kann.

Das Königslied.

Und so ging ein schöner Tag mit wirklich außergewöhnlich viel Gesang zu Ende. Und wem das alles jetzt doch auf die Dauer zu viel Chor geworden ist, dem sei gesagt dass ich demnächst auch mal wieder versuche etwas zu einem anderen Thema zu schreiben. Sobald ich die Zeit dafür finde. ;-)

Harmonische Grüße!

Hendrik

Donnerstag, 22. April 2010

Winter

Hallo zusammen,

dieses Bild erwartete mich, als ich heute Morgen aus dem Fenster schaute:


Aktueller Stand: Schneefall, und zwar in dicken, weißen Flocken, kein Schneeregen oder so. :-)

Viele Grüße aus Schweden.

Hendrik

Mittwoch, 14. April 2010

NKF

Geehrte Leser,

wie sicher die meisten von euch gemerkt haben (und sei es nur dadurch, dass sie nichts von mir gehört haben), gehört fehlende Arbeitsauslastung momentan nicht zu meinen primären Problemfeldern. Deshalb wird hier im Blog derzeit auch nur sehr spärlich geschrieben, obwohl es sicherlich jede Menge zu berichten gäbe. Heute ist es jedoch wieder einmal so weit, also leset gespannt. (Vielleicht wäre es eine Maßnahme den Eintrag zweimal zu lesen, dann kommt er euch wie zwei vor oder so.)

Schon einige Zeit her, aber chronologisch jetzt an der Reihe ist das Nationskörfestivalen (NKF), übersetzt Nationschorfestival. Dabei handelt es sich um eine recht große Veranstaltung, bei der (fast) alle Nationschöre (lies: Nations-chöre) bei einem Konzert auftreten. Mit diesem Versprechen lässt sich immerhin die Aula der Universität füllen und ein Eintrittsgeld von 10€ pro Person verdienen. Und die Aula der Uni ist nicht klein, dafür aber umso prächtiger!


Bei so vielen Chören ist natürlich volles und vor allem ein breites Programm geboten, von Klassik bis zu moderner Popmusik. Doch als wären viele einzelne Chöre noch nicht genug, gibt es auch noch einen großen Chor mit Mitgliedern aus allen Chören. Dieser wird immer (die Veranstaltung findet jedes Jahr statt) von einem - in Schweden - berühmten Dirigenten geleitet. Das funktioniert natürlich nicht aus dem Stehgreif, sondern zuvor gibt es drei dreistündige Proben. Leider war ich bei dem großen Chor nicht dabei, denn von der ersten Probe habe ich nicht erfahren, und bei der zweiten war ich aus anderen Gründen verhindert. Naja, und nur für die letzte Probe braucht man dem Stardirigenten vermutlich gar nicht erst kommen. Aber was soll ich sagen, diesem Chor zuzuhören war das vielleicht sogar noch größere Erlebnis. Geboten wurde Carl Orffs "Carmina Burana", was vermutlich selbst Leute mit mauer musikalischer Vorbildung kennen werden. Vielleicht nicht vom Namen her, aber die Musik. Ich glaube sie wird ihrer Dramatik wegen auch gerne mal in Filmtrailern benutzt. Hier der Teil aus "Oh Fortuna", den man kennen könnte (Banausen die nicht das Sitzfleisch für die vollen 5 Minuten haben spulen vor zu Minute 1:05 und hören sich wenigstens die folgende Minute an). 

Der große Chor (nur ein Teil zu sehen, nach hinten kamen
noch jede Menge weitere Damen).

So etwas live und von guten Sängern zu hören (Instrumente waren auch dabei) ist wirklich ein großartiges Erlebnis!
Der große Chor kam anfangs und am Ende nochmal, und dazwischen - unterbrochen von einer Pause, da das Ganze über 2 Stunden ging - dann die anderen Chöre. Fast alle Chöre versuchten auch vom Outfit her Glanzpunkte zu setzen, was, naja, auch den meisten gelang.

Man beachte Tarzan, der offensichtliche Angst um seine
spärliche Bekleidung hatte (rutschte wohl ein wenig).


Es waren wirklich schöne Sachen dabei, die ich gerne wie auch den Auftritt des großen Chors hier hochladen würde. Dafür und schon für das vorherige Komprimieren der Videos fehlt mir aber gerade beim besten Willen die Zeit. Ihr müsst mir also alles so glauben. ;-)

Ziemlich gegen Ende kamen dann auch wir. Und sorgten schon vor Beginn des Liedes ("We are the world") für großes Aufsehen, was uns immerhin bis in die Zeitung gebracht hat. Wir selbst wussten erst gar nicht was los ist, denn unser Auftritt begann so, dass wir zu Beginn mit dem Rücken zum Publikum standen.


Noch bevor wir den ersten Ton gesungen hatten hörte man plötzlich gellende Schreie im Publikum (als würde die Decke einstürzen), gefolgt von einem lauten "Rumms" (laut, aber zum Glück nicht ganz so als würde die Decke einstürzen). Was war passiert? Henrik, unser Dirigent, hatte versucht den Deckel des Flügels ein wenig anzuheben. Doch dieser machte sich auf unerklärliche Weise flugs davon und stürzte von der Bühne, wo nicht weit entfernt die erste Reihe saß. Ich weiß nicht warum, aber es wurde glücklicherweise keiner verletzt. Von einem Flügeldeckel getroffen zu werden kann sicher böse Folgen haben. Dieses Ereignis animierte jedenfalls die lokale Zeitung "Upsala Nya Tidningen" (mit einem 'p') zu der Überschrift "Flügel bekam Flügel":
 UNT
Wer sich die Mühe macht den Text durchzulesen wird unseren Chor auch namentlich erwähnt finden. Vielleicht erkennt man mich sogar auf dem Foto? Sieht so aus als hätte ich entsetzt die Hände vors Gesicht geschlagen.

Nun ja, die Aufmerksamkeit des Publikums war uns nach dieser Aktion trotz fortgeschrittener Dauer des Konzerts nun natürlich sicher, und trotz des Schrecks legten wir wie ich finde einen ziemlich guten Auftritt hin, bei dem das Publikum bei dem letzten Refrain sogar richtig mitsang und viele ihre Feuerzeuge schwenkten ("We are the world" kann man bei youtube nachhören, Feuerzeuge passen da gegen Ende sehr gut).

 Die Männer beginnen in diesem Lied.

Im Zuge unsere ausgefeilten Choreographie schritten
die Damen im Verlauf des Liedes zwischen uns hindurch
und traten nach vorn (sind ja auch hübscher anzusehen).
Szene zeigt Ende des Auftritts.


War eine großartige Sache dieses Konzert, machte Spaß vor so vielen Leuten aufzutreten, aber auch für umsonst so viele gute Chöre singen zu hören.

Der Tag war damit noch lange nicht vorbei, aber davon erzähle ich euch ein anderes Mal.

Bis dahin!

Hendrik