Sonntag, 30. Mai 2010

Die Zeit, das Sputtern - und ein Erfolg!

Treue Leser dieses Blogs,

ich habe eure Geduld wirklich auf eine harte Probe gestellt, das gebe ich zu. Ich habe sicherheitshalber mal nicht nachgeschaut, wann ich hier das letzte Mal gebloggt habe. Es ist einfach viel zu lange her. Aber ich habe einfach auch viel zu wenig Zeit. Das werden sicher auch die unter euch gemerkt haben, die weiterhin den persönlichen Kontakt zu mir pflegen. Vorerst ist auch keine Besserung in Sicht, aber heute, heute habe ich mal ein paar Minuten, um zumindest ein bisschen was zu schreiben.

Der geneigte Leser fragt sich vielleicht, wie es zu diesem enormen Zeitmangel kommen kann. Nun ja, einen großen Anteil daran hat sicherlich die Uni. Inzwischen hat mich die Diplomarbeit dann doch sehr vereinnahmt. Prinzipiell ist dies natürlich ein gutes Zeichen, denn das heißt es geht voran. Dennoch kostet es auch Kraft, und so muss ich momentan parallel auch noch 3 Vorträge vorbereiten, die leider auch nicht inhaltsgleich sind, weshalb ich beispielsweise auch den gestrigen Samstag bis nach 20 Uhr in der Uni verbracht habe. Was aber passiert gerade bei meiner Diplomarbeit?

Ihr erinnert euch an das Sputtern? Genau, diese Art Verdampfung mit einer Anlage, die nicht immer ganz zuverlässig das abliefert, was man sich von ihr erhofft, oder auf gut Deutsch ständig kaputt ist. Nach der ersten Sputterrunde hatte ich einen Haufen Proben zu analysieren und eine Menge Daten zu ordnen. Kurz vor Ostern habe ich das allererste Mal eine meine Proben mit Schwefel im Ofen zu dem Material verbacken, das ich letztendlich haben möchte. Kurz nach Ostern gelang damit sogar schon die erste Solarzelle! Welch ein Erfolg, und dies schon nach so wenigen Monaten. Der Wirkungsgrad der "Solarzelle" (sie hat eine Größe von vielleicht einem Quadratmillimeter) ist 0,1%. Der Wirkungsgrad beschreibt, wieviel der Energie, die im Sonnenlicht steckt, effektiv in Strom umgewandelt werden soll, und soll natürlich so hoch wie möglich sein. Kommerzielle (Silizium-)Module erreichen zwischen 15 und 20%. Man muss also kein Physiker sein um zu erkennen, dass 0,1% noch nicht rasend gut sind. Dennoch, wir konnten damit zeigen, dass wir auf unserem Weg im Prinzip das Material CZTS herstellen und daraus Solarzellen machen können.
Nun haben wir uns aber nicht damit begnügt es im Prinzip zu können. Wir wollten uns natürlich verbessern. Und so wurde die nächste Sputterrunde geplant. Und einen Plan hatte ich mir schnell überlegt und aufgestellt, nur - und das wird für viele von euch überraschend kommen - die Maschine spielte nicht mit. Die andere Person, die damit arbeitet, hatte so ihre liebe Müh vernünftige Proben damit herzustellen. Bis das in den Griff bekommen war vergingen erst mal wieder Wochen... . Doch dann durfte ich endlich ran, Anfang letzter Woche! Das Beste hoffend machte ich mich optimistisch ans Werk - nur um wieder auf einen Haufen Probleme zu stoßen. Doch wie sagt mein Betreuer Tomas so gern? Wenn es alles problemfrei funktionieren würde könnte man jeden Deppen an die Maschine stellen, so schwer ist die nicht zu bedienen. Stimmt zwar, nervt aber trotzdem. :-) Immerhin, wir bekamen es in den Griff, und im Moment läuft alles bewundernswert stabil. Ich habe sogar schon eine neue Zelle herstellen gekonnt und...
...das war eine ziemliche Pleite. Es war leider kein Wirkungsgrad messbar, man spricht da von einer "geshunteten" Zelle, im Prinzip ist das Material so schlecht, dass ein Kurzschluss auftritt.
Davon lasse ich mich aber nicht entmutigen, es war ja nur eine von vielen Proben. Und außerdem gibt es noch eine andere, weit positivere Nachricht.
Aus einer meiner alten Proben hat Lotten, die andere Betreuerin, eine weitere Solarzelle hergestellt. Und ausgemessen. Und plötzlich kam sie mit der Nachricht zu mir: Sie hat 1% Wirkungsgrad gemessen! Das 10-fache der letzten Probe, und das auf einer bedeutend größeren (mehrere Quadratmillimeter) Fläche. Je kleiner die Fläche, desto eher ist ein hoher Wirkungsgrad möglich, weil der natürlich einen Mittelwert angibt, und wenn man sich ein besonders leckeres Stückchen der Probe raussucht kann man damit den Wirkungsgrad erhöhen. Und genau das hat Lotten dann in der Folge auch gemacht, und ist damit in einem Gebiet bis auf 2,6% Wirkungsgrad gekommen!! Es ist schwer für einen Außenstehenden zu vermitteln, welch ein Erfolg das ist; aber zum Vergleich: Bis vor 2 Monaten lag der Rekord überhaupt für mein Material weltweit bei 6,7%. Bei einer japanischen Arbeitsgruppe, die seit 15-20 Jahren an dem Material forscht. Nun konnten wir natürlich deren Wissen in begrenztem Umfang nutzen, allerdings benutzen wir auch eine andere Methode (sputtern) und besonders für's Schwefeln eine ausgefallene, sagen wir mal seehr experimentelle Methode. Es ist also gefühlt noch viel Luft nach oben. Zudem kommt dieser Erfolg gerade rechtzeitig, um noch in meine Vorträge einfließen zu können. Und mal ehrlich: 2,6% klingt doch wesentlich besser als 0,1%, oder?
Ich habe sogar schon eine Idee, woher dieser Riesenunterschied kommen könnte (kam mir gestern in der Uni; man kann einfach viel besser nachdenken wenn man allein ist). Aber dazu möchte ich lieber noch nichts schreiben sondern es erst mal mit weiteren Zellen überprüfen. Anhand nur einer Zelle wäre das wenig wissenschaftliche da schon Schlüsse zu ziehen. Wenn es aber so wäre wie ich es mir denke wäre es schon extrem witzig. Aber dazu dann gegebenenfalls ein anderes Mal mehr.

Am gleichen Tag - vorgestrigen Freitag nämlich - hat mir übrigens (unabhängig von dem später am Tage eintretenden Erfolgserlebnis) die Professorin nahe gelegt, mich für die hier in der Arbeitsgruppe bald neugeschaffene Doktorandenstelle für mein Material zu bewerben. Aber das muss ich mich erst Mal seehr gründlich durch den Kopf gehen lassen. Und nicht nur durch meinen. Aber ein schönes Gefühl der Wertschätzung schafft es trotzdem, keine Frage. :-)

Damit wisst ihr jetzt über einen der Hauptgründe für mein spärliches Blogverhalten Bescheid. Ein anderer ist, dass mein geliebter Laptop leider den Geist aufgegeben hat. Deshalb bin ich momentan auf den Computer in der Uni und - sofern verfügbar - das Netbook meiner Familie hier angewiesen. Das heißt, selbst wenn ich mal Zeit habe ist möglicherweise keine Möglichkeit es der Welt zu verkünden greifbar. Und auch Fotos kann es so auf absehbare Zeit keine geben. Aber die Fotos stießen hier ja meist eh nicht auf so große Resonanz, meist hieß es ja "weniger Fotos - mehr Text!".  ;-)
Habt eine schöne Woche, und hoffentlich bis bald!

Hendrik


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