Samstag, 30. Januar 2010

Über den schwedischen Handel

Hej alla!

Ich dachte heute schreibe ich mal wieder was zum Thema Land und Leute. Schließlich sollt ihr am Ende des Jahres auch das Gefühl haben, etwas über Schweden erfahren zu haben, und nicht nur über meinen mal mehr, mal minder interessanten Alltag.

Heute also etwas zum Thema Einkaufsläden. :-) Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass uns Schweden dahingehend immer etwas voraus ist (das muss nicht zwangsläufig positiv gemeint sein, wie ihr vielleicht im Verlauf dieses Eintrags finden werdet), weshalb auch die unter euch, die nicht an Schweden aber vielleicht an einem kleinen Blick in die Zukunft interessiert sind, hieran Interesse finden könnten.

Fangen wir an mit den Öffnungszeiten. Wie bereits an früherer Stelle mal angedeutet ist man in dieser Hinsicht sehr liberal in Schweden. In der Innenstadt gibt es durchaus Geschäfte, die auch sonntags geöffnet haben. Noch weitaus freizügiger halten es die Supermärkte. Die haben nicht nur abends sehr lange offen (wie es seit einiger Zeit auch in Deutschland einzuziehen beginnt), 23 Uhr ist keine Seltenheit. Aber auch was die Tage angeht: Sie haben immer offen, immer immer immer. Heiligabend 20 Uhr und die Kerzen sind runtergebrannt? ICA hat offen. Ostersonntag und die Eier vergessen? Auf zu ICA! Silvester 23.30 Uhr und schon alle Böller aufgebraucht? Im Supermarkt gibt es sicher noch welche. Hier ist nichts heilig, hier kann man immer einkaufen. Die Frage ist höchstens, wer das will.
Hier mal ein Bild mit einer schon etwas kurios anmutenden Öffnungszeit.

 
Kein Druckfehler, steht so ums ganze Gebäude: 7-23.31 Uhr,
geöffnet an allen Tagen.

Ich nehme mal stark an, dass man sich für diese Öffnungszeit entschieden hat, um sich die längsten Öffnungszeiten Uppsalas auf die Fahnen schreiben zu können. Zumindest habe ich noch keine längeren hier entdecken können, und man bewirbt genau dieses Geschäft (nicht etwa die Kette, sondern diesen Laden) auch hier im Radio. In der Nähe gibt es im Übrigen einige Studentenwohnheime.

Nun bin ich niemand, der sich jemals für solch lange Öffnungszeiten begeistern ließ, weil ich sowieso in den seltensten Fällen des Nachts Lust auf einen Einkauf verspüre und zudem der Meinung bin, dass der überwiegende Teil aller Menschen in der Lage sein sollte, mit etwas Planung seine Einkäufe so legen zu können, dass man sie auch bei Berufstätigkeit bis sagen wir mal 20 Uhr abgeschlossen haben können sollte (wer noch länger arbeitet fängt in der Regel ja später als  8 Uhr morgens an). Aber davon abgesehen hat diese Freigiebigkeit auch ein paar handfeste Nachteile. Der offensichtlichste ist sicherlich, dass ja auch auf der anderen Seite der Kasse jemand stehen muss, wenn ich so spät einkaufe. Und mir tun die Leute einfach Leid, die am ersten Weihnachtsfeiertag um 7 Uhr morgens in einem vermutlich leeren Supermarkt stehen müssen anstatt auszuschlafen oder mit ihrer Familie zu frühstücken. Ein Argument ist häufig, dass dies in vielen Fällen ebenso wie zu späten Uhrzeiten Studenten oder andere Menschen wären, die das Geld bräuchten (Spät-, Wochenend-, Feiertagszulage) und so eine gute Möglichkeit bekämen es in kürzerer Zeit oder überhaupt zu verdienen. Aber zum einen glaube ich kaum, dass sich der gesamte Bedarf mit Studenten abdecken lässt, und zum anderen führt genau das zu einem weiteren Problem, dass auch all die Leute betrifft die etwas weniger gefühlsduselig sind wie ich. Denn diese großzügigen Öffnungszeiten lassen sich die Geschäfte natürlich bezahlen, was heißt dass seit der Erweiterung die Preise merklich teuerer geworden sind (wie mir Anki, die Mutter, berichtet hat). Und das, wo es in Schweden ohnehin schon teurer ist (im Vergleich zu Deutschland weitere Strecken zum Transport, weniger potentielle Kunden und damit sicher geringerer Großkundenrabatt). Mir wird wirklich noch jedesmal fast schwindelig, wenn ich die Preise in Euro umrechne. Ein Gläschen Pesto 2,60€, ein Pfund normale Butter 1,85€, oder der Knaller gestern 100g Mandelblätter für fast 2€! Ich glaube da gibt es im Kaufland 200g für 50-70 Cent. Aber was will man machen, wenn man sich in den Kopf gesetzt hat sich eine äußerst schmackhafte Shrimps-Mandel-Curry-Sahne-Soße zu machen? :-)

Vorreiter ist man hier auch beim Thema Kassieren. Schon lange gibt es hier "Selbstscannen", wo man mit einem Scanner selber durch den Laden rennt und den Kassierern die Arbeit abnimmt, in dem man jedes Teil kurz einscannt bevor man es in den Wagen legt. Anreiz ist glaube ich, dass es hin und wieder Produkte etwas billiger gibt, so man sie denn selbst einscannt. An der Kasse selbst muss der Kassierer auch nicht mehr selber Geld wechseln, sondern die Scheine kommen in einen Schlitz, die Münzen in eine Münzmaschine, und das Wechselgeld kommt von selbst passend heraus. Wieder wertvolle Arbeitszeit gespart. Aber die meisten zahlen eh mit Karte.

Ist man bei Supermärkten, ist man auch schon schnell beim Thema Post. Denn auch die Post macht hier schon vor, was in Deutschland wohl irgendwann kommen wird. Es gibt hier nämlich keine einzige Postfiliale, die wurden vor einiger Zeit alle abgeschafft und sind jetzt auschließlich in Supermärkten zu finden. Auch das hat sicher Vor- und Nachteile. So profitiert man natürlich von den ausgedehnten Öffnungszeiten der Supermärkte. Außerdem hat man es möglicherweise nicht weit, wenn man ein Paket abholen will, so wie ich zum Beispiel. Mit den Paketen ist es übrigens so, dass gar nicht erst versucht wird die zuzustellen, sondern man bekommt gleich eine Benachrichtigung, dass es in der Poststelle abholbar bereit liegt. Für alte Menschen oder Leute, die nicht so nah am Supermarkt wohnen ist das bestimmt nicht so lustig, aber für mich hat es den Vorteil, dass ich das Paket sofort und zu jeder Uhrzeit abholen kann, während man in Deutschland, wenn man nicht zufällig da war als der Paketdienst kam, ja Minimum bis zum nächsten Tag warten muss, wahlweise aber auch so lange bis man mal während der Postöffnungszeiten Zeit hat, was oft genug ein Samstagvormittag sein kann, und wer mal an einem Samstagvormittag etwas in der Postfiliale in Konstanz wollte, der weiß, dass man da gut Zeit mitbringen sollte. 
Natürlich bedeuten Filialen innerhalb des Supermarkts eine gehörige Einsparung von Arbeitskräften, und so sollte man meinen, dass die schwedische Post sehr günstig wäre. Das ist sie nicht. Sie ist langsam und teuer. Eine Postkarte nach Deutschland kostet 1,20€, aber die 55 Cent mehr als in die andere Richtung sind verkraftbar (obwohl man das mal in Prozenten ausrechnen sollte). Doch was meint ihr, was ein Paket kostet? Ein ganz normales, 1 kg, innerhalb Schwedens, da ist man gleich 15€ los. In Deutschland sind es bis 10kg 6,90€; will man hier 10 Kilo wegschicken ist man bei 22,50€, und um genau das bis nach Deutschland transportieren zu lassen werden es ungelogene 55€! Da ist man kurz davor zu überlegen, ob man sich nicht ein Flugticket kauft und es rasch selbst vorbeibringt. Man kann also im Grunde verschicken was man will, das Paket wird fast immer teurer sein als der Inhalt. 
Tut mir leid, aber von mir wird es für euch in diesem Jahr wohl leider kein Paket geben. :-(

Ein letztes zu den Geschäften. Was ich hier vermisse ist so etwas wie Karstadt (ich hoffe, dass man nicht auch damit der Entwicklung in Deutschland vorausgreift), also ein Kaufhaus, wo man einfach alles bekommt, wenn man nicht weiß wo man es sonst bekommen kann oder zumindest nicht weiß, wo ein passendes Fachgeschäft zu finden ist. Auf die Weise kann man einen ganzen Nachmittag in der Innenstadt verbringen, nur für ein Stück Filz. Ja, ich finde eine 130 000 -Einwohner-Stadt sollte ein Kaufhaus haben. Möglich, dass es in Stockholm eines gibt, aber große Tradition in der Form wie es das in Deutschland gibt scheint sowas in Schweden nicht zu haben.

So, jetzt wisst ihr aber schon eine ganze Menge mehr über Schweden, nicht wahr? Wenn ich erst mal ins Schreiben komme... .

Wünsche euch noch ein winterliches Wochenende!

Hendrik

Donnerstag, 28. Januar 2010

Ein gemütlicher Abend

Hallo da draußen!

Die letzten Tage war es ja etwas mau mit dem Blog, was unter anderem daran lag, dass ich seit Montag krank bin. Aber seit heute reicht die Kraft zumindest wieder für einen kurzen Bericht zu letztem Sonntag.

Da hatte nämlich meine Familie zum Dinner geladen. Das war praktisch, denn so hatte ich es nicht weit. Eingeladen waren neben meiner Wenigkeit auch:

  • Ernils, der Sohn des Hauses. Ihm habe ich übrigens zu verdanken, dass ich jetzt hier wohne. Folglich ein netter Kerl. Ich kenne ihn schon von meiner Zeit aus 2007, wo ich unter ihm des öfteren im Pub der Nation geschuftet habe.
  • Ernils Freundin, ausgestattet mit dem schönen (deutsch klingenden) Nachnamen Marcks von Würtemberg (und ja ich weiß, dass man euer Heimatland anders schreibt!).
  • Jenna, ihres Zeichens Amerikanerin. Sie kenne ich auch schon aus 2007. Ich war damals ihr, öhm, wie nennt man es auf Deutsch, Pate. Also ich war quasi eine Art Ansprechperson als sie neu in die Nation kam. Wir haben dann auch öfters was zusammen gemacht und sind bis heute in Kontakt geblieben. Sie hat auch mal hier gewohnt, ist alsoquasi meine Vorgängerin.

Schön, wie alle in die Kamera lächeln, nicht wahr?
Im Uhrzeigersinn: Die Mutter, der Sohn,
die Freundin, der Vater, die Amerikanerin.

Los ging es mit einer kleinen Vorspeise, das war Schwarzbrot mit einer Scheibe Camembert, Bacon und oben ein paar Walnüssen. Ein sehr guter Start. Wer sich Mühe gibt kann die Vorspeise auf dem Bild oben ausmachen.

Weiter ging es mit der Hauptspeise, und schon hier zeichnete sich ab, dass der Weinkonsum der beiden Ausländer dem der Schweden deutlich hinterherhinkte. Zu essen gab es eine Art Rindereintopf oder Rindergulasch (stand jedenfalls den ganzen Tag auf dem Herd) mit Kartoffeln, Salat, Erbsen und Johannisbeergelee. Wie von mir gewohnt, auch dies fotodokumentarisch begleitet.




Zum Abschluss gab es einen wunderbaren Obstsalat mit Sahne. Obwohl ich schon ziemlich satt war musste ich davon noch 2 Portionen essen, weil er so lecker war. Obstsalat sollte man wirklich viel öfter essen! Wenn es nur nicht so eine Schnippelarbeit wäre... .



Anschließend, wie das in Schweden nach einem ausgedehnten Middag (Dinner, Abendessen) so üblich ist, saßen wir gemütlich bei einer Tasse Tee (Kaffee geht natürlich auch) in der guten Stube zusammen und haben geplaudert.

Alles in allem also ein sehr netter Abend, vor allem schön zwei alte Bekannte von früher mal wieder zu treffen.

Viele Grüße.

Hendrik

Sonntag, 24. Januar 2010

Die Chinesen und die Milch

Hallo Leute!

Bei uns in der Arbeitsgruppe gibt es auch Chinesen. Wie viele genau weiß ich nicht, aber zumindest bei mir am Mittagstisch werden es täglich mehr. Chinesen konglomerieren, das heisst sie bilden Grüppchen in denen sie sich zusammenfinden und sich so lustige Dinge erzählen wie ”Nichau ni hi chiauwau niau. Hauauau.” Hauauau ist chinesisch für Lachen.
Jedenfalls passierte Freitag, als ich mal wieder mit den inzwischen 4 Chinesen ’zusammen’saß etwas Bemerkenswertes. Die eine Chinesin hat sich nämlich tatsächlich eine Tasse Milch eingeschenkt! Nun wissen diejenigen unter euch, die ebenso informiert sind wie ich, dass das ja gar nicht geht. Chinesen können nämlich keine Milch trinken. Ich hab gegrinst, und als sie nachfragte erklärt, dass sie ja nun eigentlich gar keine Milch trinken könne. Dem haben sie und ihre Freunde allerdings nachdrücklich wiedersprochen. Sie meinte, es hätte in China mal einen Fall gegeben, bei dem Babymilch Gift beigemischt geworden sei, das hätte ich vielleicht verwechselt (nächste Überraschung, wie haben die trotz Zensur davon erfahren?). Nein, das habe ich nicht verwechselt. Davon hatte ich zwar auch gehört, damals, aber es geht hier ja um das fehlende Enzym Laktase, ohne die die die Laktose nicht abbauen können. Folge: Blähungen und Durchfall. So. Aber das wollen die selber wohl nicht wahrhaben; ich erinnere an der Stelle nur an meinen Chinesen aus meinem Korridor anno 2007 (siehe mein damaliger Blog), der die Dreistigkeit hatte zum ’Beweis’ einen vollen Liter Milch in einem Zug vor meinen Augen auszutrinken. Die Scheißerei die er danach gehabt haben muss will ich mir lieber nicht mal vorstellen. Ganz zu schweigen von seinen Chinesen-Freunden, die mein priviligiertes Wissen offenbar sehr amüsant fanden, so dass sie dazu übergingen mich immer wenn sie auf dem Korridor zu Besuch kamen mit “Hej I can drink milk!” zu begrüßen, wo es auch ein einfaches “Nihau!” getan hätte. Ich glaube sie haben sogar mal darüber geredet eine Milchparty für mich zu veranstalten. Also wirklich, sowas von uneinsichtig!
Aber nun gut, ich will mich nicht aufregen, doch irgendwann werde ich schon noch einen richtigen Chinesen finden, der nicht glaubt es würde zum guten Ton in Europa gehören eine übertriebene Milchaffinität vorzutäuschen! Und dann seid ihr natürlich die ersten, die es erfahren, ist doch klar. :-)


Symbolfoto. Copyright Ferdinand B. und Hendrik F.

Viele Grüße.


Hendrik

Freitag, 22. Januar 2010

Mein Freitag

Hallo Ihr!

Heute war doch ein relativ ereignisreicher Tag, so dass es sich denke ich lohnt davon zu berichten.

Gleich als allererstes hatte ich heute um 9 Uhr ein Treffen mit meinen beiden Betreuern. Ich sollte präsentieren, was bei meiner bisherigen Literaturrecherche so rausgekommen ist. Die beiden wollten also einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung, damit wir wissen was in dem Gebiet schon gemacht wurde. Das ist doppelt wichtig, denn erstens kann man daraus unter Umständen interessante Rückschlüsse ziehen, wie man seine Experimente am besten aufzieht, und zum anderen möchte man natürlich nach Möglichkeit nichts machen, wo man dann nach einem Jahr Arbeit feststellt, dass genau das Gleiche schon von einer anderen Gruppe untersucht wurde.
Ich war schon ein wenig nervös, denn ich war mir nicht so ganz sicher ob ich nun hinreichend informiert war oder ich denen doch nur olle Kamellen erzähle. Gerade Lotten ist schon ziemlich in der Szene, muss man sagen. (Tomas hat nach eigener Auskunft das letzte Paper zu dem Thema vor einem Jahr gelesen, da war die Wahrscheinlichkeit höher im was Neues zu berichten.) Das Ganze ging etwa eine Stunde, und ich denke sie waren ganz zufrieden. Hin und wieder entwickelte sich auch eine Diskussion zu einzelnen Aspekten, und am Ende meinte Lotten, das wäre sehr gut gewesen. Glauben wir ihr das mal. ;-)

Als nächstes werde ich mich nächste Woche mit dem Sputtern beschäftigen. Das ist eine Technik, mit der man Material (wie zum Beispiel Kupfer) in sehr dünnen Schichten auf andere Materialien auftragen kann. Aber Details dazu schreibe ich vielleicht mal wann anders, ich möchte hier niemanden der eigentlich alle Beiträge über Physik auslassen wollte heimtückisch in einem ganz normalen Post mit sowas überfallen.

Im Anschluss war das erste Mal in diesem Jahr das Freitagsseminar, bei dem einer aus dem Department einen Überblick über seine aktuelle Forschung gibt. Dabei war ich ehrlich gesagt in Gedanken ganz weit weg, mehr so Richtung Bodensee... . Das Thema war allerdings auch recht kompliziert, wenn man nichts damit zu tun hat, und da es mein Forschungsgebiet nicht mal tangiert war es glaube ich nicht so schlimm, dass mein wesentlicher Eindruck durch die leckeren dazugereichten Zimtschnecken mit Pudding geprägt wurde. :-)

Den restlichen Tag über habe ich ein paar verbliebende Fragen aus meiner Morgenbesprechung versucht zu klären, war mit Tomas schon mal bei einem Sputtergerät um zu schauen wie sowas aussieht, und einen Feueralarm gab es auch noch. Allerdings meinte Tomas wir müssten da nicht raus. In der Zeit würden erhöht Geldbeutel gestohlen, und bis das Feuer in unserem Gebäudeteil (hus) angekommen wäre hätten wir vermutlich eh schon Feierabend. Also habe ich mir stattdessen eine heiße Schokolade geholt und interessiert die anmutige Menschenansammlung auf dem Feueralarmversammlungsplatz durchs Fenster beobachtet.

Ja, so war mein Freitag. Bis demnächst!

Hendrik

Mittwoch, 20. Januar 2010

Mein Arbeitsplatz

Hallo Leute!

Nachdem ja offenbar bei einigen "Lesern" Bilder mehr geschätzt werden als Text (klar, war schon immer einfacher), und es zudem schwierig ist, sich etwas richtig vorzustellen wenn man es nur beschrieben bekommen, gibt es heute gaaaanz viele Bilder mit nur gaaaanz wenig Text, um euch meinen Arbeitsplatz an der Uni zu visualisieren. Fangen wir also an (Bilder lassen sich durch Draufklicken etwas vergrößern).


Mein Arbeitsplatz. Ich habe sogar einen eigenen
Kleiderständer. Die aktuelle Unordnung ist natürlich
keinesfalls repräsentativ! Durch's Fenster ist das
gegenüberliegende Haus (hus) zu erkennen; man beachte
die sauberen Scheiben! :-)




Blick auf den Arbeitsplatz mit Flur. Wie man sieht,
eine Ausbuchtung im Flur, noch ohne weitere Wandabtrennung.
Der zuständige Björn ist aber informiert. Wusstet ihr übrigens,
dass Björn das schwedische Wort für Bär ist?
Und ich darf natürlich nicht grinsen, wenn ich ihn um
Abtrennwände bitte.
Da seht ihr mal wie schwer ich's hier hab!




Der ganze lange Korridor/Flur der
Festkörperabteilung. So in der Mitte bin
ich, und ab da beginnt auch der Teil der
Solarzellengruppe. Das Licht am Ende
des Tunnels weist auf die Küche hin.
Sieht doch sehr sauber, hell, freundlich und
einladend aus, findet ihr nicht?





Und zum Abschluss noch der besagte Obstkorb, kurz
nach seinem Erscheinen. Das erkennt man daran, dass
noch Bananen da sind. Wer davon will, der muss die
Obstfrau quasi am Eingang abfangen, so heißt es. :-)
Ich persönlich steh ja mehr auf die Mandarinen. So gegen
Mittwochmorgen ist der Obstkorb dann in der Regel leer.

So, ich hoffe ihr könnt euch meinen Arbeitsplatz jetzt ein wenig besser vorstellen.

Auf bald.

Hendrik



Montag, 18. Januar 2010

Meine Gasteltern

Hallo miteinander!

Judith hat es eingefordert, und deshalb hier mal ein kurzer Eintrag zu meinen Gasteltern, die seit diesem Wochenende auch wieder hier sind.

Ich habe die beiden ja schon früher kennengelernt. Der Vater ist wie gesagt Professor, ich glaube für finnisch-ungarische Sprachen (das ist ein Sprachstamm), und daneben auch noch Inspektor der Nation (=Studentenorganisation). Die Mutter ist - soweit ich das jetzt verstanden habe - Chefin des schwedischen Sprachwerkes oder so (der genaue Titel ist mir entfallen); in diesem 71-teiligen Kompendium sind alle Wörter des Schwedisches seit Fünfzehnhundertsoundso aufgeführt und erklärt (beides ehrbare Leute also). Dazu muss sie allerdings in Lund, wo der Verlag sitzt, arbeiten, was für mich aber immerhin bedeutet, dass ich unter der Woche - so wie jetzt gerade - ihren Arbeitsplatz und ihr Internet benutzen kann. Denn nach Lund, ganz im Süden Schwedens, sind es so knapp 700 Kilometer. Nichts für's tägliche Pendeln.

Am Samstagabend sind sie angekommen, und sie sind wirklich sehr freundlich zu mir, das kann man wohl sagen. Ich soll mich wie zu Hause fühlen, und das meinen die tatsächlich auch so. Wenn ich mal frage ob ich irgendwas darf oder der Vollständigkeit halber erwähne, dass ich etwas benutzt habe, dann wird immer gleich darauf verwiesen dass ich mich doch jetzt wie zu Hause fühlen soll. Ich habe fast das Gefühl, dass sie es eher als störend empfinden wenn ich um eine Erlaubnis bitte , weil es dann so wirkt als wäre ich nur ein Gast. Aber ich bin ja kein Gast. Ich bin ja hier zu Hause. :-)

Zur Wiederankunft der beiden hatte ich einen Kuche gebacken, den wir gestern zur Fika gegessen haben (der Möhrenkuchen, einige kennen ihn). Zu Abend hat die Mutter dann was Schwedisches gekocht, war so Fisch und Garnelen in einer Currysoße (die Schweden essen ja sowas von viele Garnelen, das glaubt ihr nicht). Dazu haben wir die gesamte Flasche meines Gastgeschenkweines getrunken, und der Vater hat auch noch großzügig Schnaps ausgeschenkt. Vielleicht wollten die mich abfüllen, aber ich glaube es war einfach nur schwedisch. :-)

Ach, und dann gibt es noch zwei Hunde, Börre, Hörre, Knörre und Görre oder so ähnlich heißen die (ich kann's weder verstehen noch gar wiedergeben), die ganz lustig sind. Der eine ist schon 15 Jahre alt, der andere immerhin 9. Sind so kleine, mit vielen Haaren, keine Ahnung welche Rasse das ist. Aber sind freundlich drauf, beißen nicht, bellen mich nicht an, und der eine lässt sich auch sehr gerne streicheln.Und da ich ja gerne Hunde mag... . :-)

Ja, das war mein eine kleine Einführung der Gasteltern. Auf Anfrage dazu vielleicht mal mehr über Skype oder per Mail.

Viele Grüße.

Hendrik

Samstag, 16. Januar 2010

Meine Arbeitsgruppe

Hallo!

Nachdem ihr jetzt ja wisst, was ich im kommenden Jahr mache, interessiert euch vielleicht noch, mit wem.

In meinem Haus bzw. in meinem Korridor, je nachdem wie man es sehen möchte, befindet sich die Abteilung für Festkörperphysik. Diese ist unterteilt in 3 Forschungsgruppen. Von diesen bin ich in zwei involviert, die für Dünnschichten und die für Solarzellen.

Chefin der Solarzellengruppe ist Prof. Marika Edoff, das ist die, die ich an meinem ersten Tag so charmant nicht wieder erkannt habe. Sie wird am Ende meine Diplomarbeit durchlesen und bewerten. Da es in Schweden keine Noten gibt, wird es sich dabei um einen Text handeln, in dem sie schreibt was ich hier so gemacht habe und vor allem wie ("hat sich stets bemüht", ihr wisst schon). Auf Grundlage meiner Diplomarbeit und dieser Einschätzung bekomme ich dann in Deutschland meine Note.

Mit Marika habe ich direkt nichts zu tun, zumindest werde ich nicht direkt von ihr betreut. Das machen Lotten und Tomas. Tomas gehört zur Dünnschichtgruppe und wird mit mir am Anfang versuchen, das Kesterit herzustellen. Tomas ist Tscheche, was man seinem Englisch auch noch ein wenig anmerkt, und hat mit mir neben der Tour durch die Institutionen auch schon eine kleine Einführung in den Reinraum gemacht. Scheint ein netter Kerl zu sein.
Von der Solarzellengruppe her betreut mich Lotten. Sie ist auch überaus freundlich, ich kann sie immer was fragen, und außerdem scheint sie es ziemlich drauf zu haben.
Wie gut dann wirklich die Zusammenarbeit laufen wird, muss ich erst mal sehen, aber ich bin ganz optimistisch, weil die beiden menschlich in Ordnung zu sein scheinen.

Insgesamt sind wir in der Solarzellengruppe zu zehnt, davon vielleicht noch erwähnenswert sind zwei weitere Deutsche, ein Doktorand und ein Forscher. Fachlich habe ich die beiden noch nichts gefragt, denke aber dass ich das auch darf. Der eine hat mir auch schon ein wenig geholfen mit dem Computer, was den Server angeht und warum meine Druckaufträge in einem anderen Department (in einem anderen Haus) gelandet sind zum Beispiel.
Der Rest sind alles Schweden und wohl auch sehr nett.

Was mir sehr gut gefällt ist die allgemeine Atmosphäre in der Arbeitsgruppe. Das merkt man im persönlichen Umgang miteinander, ich konnte noch keine gegenseitigen Animositäten entdecken. Aber auch "von oben" (weiß nicht, wer das festlegt, vielleicht Marika) her wird für ein gutes Klima gesorgt. So gibt es wie bereits erwähnt zwei Mal Fika am Tag, wo man gemeinsam beisammen sitzt und Kaffee trinkt. Freitags um 10 Uhr ist Department-Besprechung und anschließend Seminar. Beim Seminar macht einer aus der Gruppe einen Vortrag, und das weniger, damit die anderen schauen können ob er auch gut genug vorankommt, sondern damit er von außen mal ein Input bekommt, was er vielleicht noch mal versuchen könnte, um seine Ergebnisse zu verbessern und ein Problem zu lösen. Das haben sie mehrmals hier betont, dass es darum geht dass man voran kommt, und nicht, dass man sich vor der Gruppe beweisen muss oder so. Dazu spendiert das Department eine Runde Kanelbullar für alle, den Kaffee/Tee gibt es sowieso immer umsonst, da steht eine Maschine in der Küche (so eine wo man nur einen Knopf drücken muss, ohne vorher Kaffeepulver einzufüllen, na ihr wisst was ich meine, ein Automat halt). Möglicherweise kann man sogar mit seiner Karte, mit der man auch auf den Korridor kommt, an der Maschine am Kiosk kostenlos Kaffee und heiße Schokolade zapfen, aber da bin ich mir noch nicht ganz sicher.
Alles Arbeitsmaterial, was man so braucht, wird auch gestellt, also so Dinge wie Block, Laborbuch, Tacker, Tesafilm, Kugelschreiber und Druckbleistifte mit schönem Ångström-Schriftzug (ich arbeite im "Ångström-Labor"), solche Sachen.
Außerdem kommt am Anfang der Woche ein großer Korb mit Obst wie Äpfeln, Mandarinen, Birnen, Bananen, Orangen, wo sich jeder nehmen kann wie er Lust hat.
Das sind zwar alles nur Kleinigkeiten, sorgt aber dafür, dass man das Gefühl hat irgendwie wertgeschätzt zu sein und nicht ein Arbeitspferd, dass der Abteilung maximalen Nutzen für minimale Kosten bringen soll. Das gefällt mir ehrlich gesagt sehr gut und ist sicher auch für die positive Grundstimmung in der Gruppe mitverantwortlich.

Ansonsten ist es räumlich so aufgebaut, dass man also über die Tür mit dem Kartenleser den Flur betritt. Dann kommen rechts und links erst mal die Büroräume der anderen beiden Untergruppen. Wichtige Leute haben einen allein, Doktoranden und so sind zu zweit. Dann öffnet sich der Flur nach rechts , hat da also quasi so eine Art offenen Raum. Dort sitze ich, und vielleicht später auch noch ein paar andere "Exjobbare". Dann kommen rechts die Räume von Lotten, Marika und Co, links ist eine sehr geräumige Sitzecke (eigentlich mehr ein offener Sitzraum) mit Sofas sowie der Konferenztisch mit Beamer etc. für die Freitagsseminare. Am Ende des Ganges ist die ebenfalls recht große Küche (3 Mikrowellen, Spülmaschine, Kühl- und Gefrierschrank, der Kaffeeautomat...), außerdem sind ganz am Anfang und kurz vorm Ende des Korridors Toiletten.
Gerade verglichen mit Konstanz (man muss wissen, dass ich zusätzlich Sonnenbühl-geschädigt bin, wo die Solarzellengruppe mit einer Toilette pro Stock haust, von sowas wie einer Küche gar nicht zu reden) ist das schon alles ziemlich geräumig, hell und komfortabel. Obwohl die Stimmung in Konstanz trotzdem auch immer sehr gut war, muss man sagen. Liegt vielleicht auch daran, dass Forscher eine bessere Grundstimmung haben weil sie mehr machen können was sie wollen, anders als das z.B. in einem Unternehmen möglich ist. Doch das ist nur so eine Theorie, vielleicht hatte ich auch zweimal Glück bisher.
Es ist auch alles sehr sauber, von den Fensterputzern wisst ihr ja schon, und sogar die Gardinen werden gewaschen.
Das Reinraumlabor, in dem ich natürlich auch arbeiten werde, ist in einem anderen Haus. Für die Interessierten vielleicht noch mal ein Blick auf das ganze Ångström-, also Physikgebäude:
http://www5.tsl.uu.se/EUROTeV2008/welcome.html
Die einzelnen Flügel sind das, was "Haus" heißt. Ich bin in dem oben rechts.

Also, in bin mal gespannt, wie sich das alles entwickelt, wenn ich die Gruppenstruktur mehr durchschaue, mehr integriert bin und die Menschen besser kennengelernt habe, aber es macht alles einen sehr guten Eindruck auf mich, so dass ich hoffe nicht verloren zu gehen. Der meistgenannte Einwand der Professoren, warum sie sich meiner Diplomarbeit nicht annehmen wollten, war ja, dass man extern vielleicht nicht gut genug betreut wird; ich hoffe sehr und bin auch ein wenig optimistisch, dass das hier in Uppsala für mich nicht der Fall sein wird.

Viele Grüße!

Hendrik

Freitag, 15. Januar 2010

Meine Diplomarbeit

Hallo zusammen,

zum Abschluss einer Woche, die man wohl insoweit erfolgreich nennen kann, als dass heute allem Anschein nach mein Antrag als Student der Uni akzeptiert und auch mein Studienplan für dieses Jahr (ihr wisst schon, der mit fast einem Satz pro Woche) von Nora angenommen wurde, kann ich dann ja endlich mal etwas dazu schreiben, was ich hier überhaupt mache.

Um mal ganz grob anzufangen (damit ich nicht an der Stelle schon alle Leser verliere, die kein weitgehend abgeschlossenes Physikstudium hinter sich haben), beschäftige ich mich mit Solarzellen. Solarzellen sind in der Lage, das Licht z.B. von der Sonne in Strom umzuwandeln, was wahnsinnig praktisch ist, weil die Sonne uns das Licht kostenlos zur Verfügung stellt. Außerdem entsteht bei der Umwandlung selber kein CO2, kein Atommüll und auch sonst nichts, bei dem man sich hinterher fragen muss, wohin damit. Außerordentlich praktisch also, so eine Solarzelle.
Nun kann man Solarzellen aus verschiedenen Materialien machen, es gibt da eine Riesen-Auswahl. Am bekanntesten sind sicher die aus Silizium, die haben die meisten auch schon mal gesehen. Das sind die, die üblicherweise auf den Dächern zu finden sind. Siliziumsolarzellen sind am meisten erforscht, da ist man schon ewig mit zu Gange und hat auch die physikalischen Grundlagen sehr gut verstanden. Neben diesem Punkt spielt für den Erfolg von Silizium auch eine Rolle, dass es quasi unbegrenzt verfügbar ist (beliebtester Witz unter Solarzellenphysikern ist daher auch "Silizium gibt es wie Sand am Meer", irre geistreich, ich weiß). Daher sollte man auch meinen, dass es egal ist, dass Siliziumsolarzellen relativ dick sind, zumindest für Physikermaßstäbe, denn um die 100 Mikrometer klingt natürlich nicht soo viel. Grund ist, das sonst nicht alles Licht von der Solarzelle absorbiert, aufgenommen wird, und damit verliert man dann ja wertvolle potentielle Energie. Dennoch, Silizium herzustellen ist furchtbar aufwendig, denn es muss aus technologischen Gründen sehr rein sein. Es wird also eingeschmolzen, mit aufwendigen Verfahren gereinigt usw.; das kostet so viel Energie, dass man es in Deutschland gar nicht bezahlen kann. So was wird dann eher z.B. in Norwegen neben einem Wasserkraftwerk gemacht, wo der Strom sehr günstig ist. Leider wird dadurch auch viel CO2 freigesetzt, und eine Siliziumsolarzelle braucht etwa 3 Jahre, um den Strom, der für ihre Herstellung nötig war, wieder einzuspielen. Jedenfalls ist das der Grund, warum man lieber dünnere Solarzellen hätte, weil man dann weniger Material braucht.
Das geht aber mit Silizium nicht (genauer: nicht mit kristallinem, aber zu detailliert wollte ich ja nicht werden). Dafür gibt es dann die - der Name verrät es - Dünnschichtsolarzellen. Die sind mit nur wenigen Mikrometern Schichtdicke wirklich dünn. Es wird da auch an vielen Materialien geforscht, denn es müssen zahlreiche Bedingungen erfüllt sein: Es muss das Sonnenlicht absorbieren können (richtige Bandlückengröße), gewisse Umweltgesichtspunkte erfüllen (es gibt zum Beispiel auch CdTe-Dünnschichtsolarzellen, aber Cadmium ist ziemlich giftig), in industriellem Maßstab produzierbar sein, einen akzeptablen Wirkungsgrad (wie viel der ankommenden Sonnenenergie wird dann überhaupt in Strom umgewandelt) besitzen usw. usf..
Ein sehr vielversprechendes Material ist da CIGS (kurz für Cu(In,Ga)(S,Se)2), bestehend aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen oder Schwefel. Es erreicht Wirkungsgrade bis 20%, das ist in etwa so gut wie polykristallines Silizium, also sehr beachtlich. Und das mit einem hundertstel des Materials; die Energie für die Herstellung ist hier schon nach 3 Monaten wieder reingeholt, man vergleiche das mit den 3 Jahren für Silizium! Auch an diesem Material wird viel geforscht, und das ist auch das Spezialgebiet der Gruppe an der Universität Uppsala, die da schon einige Rekorde bezüglich des Wirkungsgrades aufstellen konnte. Es gab sogar eine Firmenausgründung (wurde dann von den deutschen Q-Cells gekauft), und das ist schon nicht schlecht, denn es gibt nur sehr wenige Dünnschichtsolarzellenproduzenten auf der Welt. Wie eingangs erwähnt ist heutzutage nämlich immer noch fast alles Silizium. Doch auch wenn Dünnschichtsolarzellen und dort insbesondere CIGS sehr vielversprechend sind (nach Meinung einiger Experten hat Dünnschicht mehr Zukunft als Silizium), gibt es auch bei diesem Material ein paar Nachteile. So enthält auch diese Solarzelle einen (wenn auch sehr kleinen) Anteil an Cadmium, und vor allem besteht die Befürchtung, dass Indium, das auch in Flachbildschirmen reichlich Verwendung findet, irgendwann ausgeht, also einfach nicht mehr verfügbar ist. Und dann stünde man da, hätte die Technologie, aber kein Indium um die Solarzellen herzustellen. Man kann das Indium und Cadmium aber auch nicht einfach weglassen, und jetzt komme ich ins Spiel... .
Nein, ich soll keine Lösung gegen den Indium-Engpass finden. Ich soll ein komplett neues, bisher weitestgehend unerforschtes Material untersuchen, nämlich Kesterit, auch CZTS oder als Formel Cu2ZnSnS4. Wie man sieht, enthält es lauter harmlose, reichliche verfügbare Ausgangsstoffe (Kupfer, Zink, Zinn, Schwefel). Und meine Aufgabe ist nun, herauszufinden, ob sich auch aus diesem Material gute Solarzellen herstellen lassen. Es gibt auf der Welt noch nicht viele Gruppen, die sich mit diesem Material auseinandergesetzt haben. Das ist einerseits natürlich knifflig, weil es dadurch nicht viele Paper oder gar Bücher zu dem Material gibt (ich glaube, vorletztes Jahr wurden dazu 6 Paper veröffentlicht, letztes immerhin schon 20 - viel ist das nicht), andererseits macht genau das natürlich auch einen gewissen Reiz aus. Auch in meiner Gruppe, die ja sehr erfahren in CIGS ist, hat sich damit noch keiner beschäftigt, meine beiden Betreuer und ich betreten damit also Neuland. Ich soll jetzt sozusagen schauen, was machbar ist, ob man das Material gut herstellen kann, ob man daraus auch eine Solarzelle machen kann, und ob die dann einen vielversprechenden Wirkungsgrad hat. Wenn das alles klappt, wird es wohl hier weiter in die Richtung gehen, wenn nichts daraus wird --> ab in die Tonne mit der Idee. Wenn es nach Tomas, einem meiner Betreuer, geht, soll ich am Ende eine Solarzelle mit 7% Wirkungsgrad herstellen können, dafür hat eine ganze japanische Gruppe ca. 5 Jahre gebraucht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich schaffe, das innerhalb eines Jahres zu reproduzieren, aber man wird sehen.

Der Plan ist also wie folgt: Zunächst lese ich mich ein. Dabei muss ich auch erst Mal "Experte" für CIGS werden, denn beide Materialien besitzen die gleiche Kristallstruktur, wodurch man sich erhofft später in der Herstellung auf Tricks und Kniffe bei CIGS zurückgreifen zu können. Anschließend soll ich den aktuellen Stand der Forschung für Kesterit zusammenfassen und mit meinen Betreuern durchgehen. Dann soll ich versuchen, das Material herzustellen und zu analysieren, das heißt insbesondere auch, dass ich mit den ganzen Gerätschaften wie SEM (Rasterelektronenmikroskop) und anderen vertraut werden muss. Anschließend probiere ich verschiedene Mischungsverhältnisse der Komponenten Kupfer, Zink etc. aus, und versuche nebenher noch rauszufinden, wie man den Schwefel am besten einbringt (auf der Grundlage wird dann wohl vermutlich auch ein neues Gerät gekauft). Mit der mutmaßlich besten Mischung soll ich dann versuchen eine komplette Solarzelle herzustellen (Kesterit ist nur der sogenannte Absorber, also wo das Licht in Strom umgewandelt wird. Dazu braucht es noch Dinge wie Leitungen (man kann da nicht einfach einen Stecker reinstecken, um den Strom rauszubekommen) und sowas.), und die dann auch ausmessen (Wirkungsgrad...).

Das klingt in meinen Ohren ganz schön viel für ein Jahr, vor allem wenn man so ganz am Anfang steht und noch versucht überhaupt erst mal dieses andere Material CIGS zu verstehen, aber gut, man wird sehen wie weit ich auf diesem Weg komme. Vielleicht wird es am Ende ja tatsächlich eine 7%-Wirkungsgrad-Dünnschichtsolarzelle.

Soo, das war wieder ein langer Artikel, ich hoffe es war einigermaßen ausbalanciert, dass sich die Physiker noch nicht unterfordert gefühlt haben und alle anderen es schon zu kompliziert fanden, aber wer sich durch diesen Artikel nicht quälen wollte ist auch nicht so schlimm. ;-) Aber ich bin ja nun mal für die Diplomarbeit hier, und dann sollte ich für die Interessierten doch zumindest mal schreiben was ich grob mache.

Ein schönes Wochenende wünsche ich Euch!

Hendrik

Donnerstag, 14. Januar 2010

Traumjob?

Hallo ihr!

Hu, habt ihr euch auch schon mal gefragt, was eigentlich der beschissenste Job ist, den man so finden könnte? Ich hätte da einen heißen Kandidaten - Fensterputzer. Ich konnte gestern beobachten, wie der arme Knabe auf einem Hebebühnenwagen schön die Außenfenster des Physikgebäudes (gegenüberliegender Flügel) saubermachen durfte. Wunderbar eine Minute mit dem Hebeding rumpruckeln bis es die richtige Höhe und Entfernung zum Fenster hatte, 10 Sekunden wischen (länger dürfte er auch nicht brauchen, sonst würde er nur eine Eisschicht produzieren), dann wieder eine Minute Hebebühne fahren (oder auch mal 3 Minuten, wenn nach rechts oben das Fenster links unten kommt (und nein, er hat nicht erst mal alle Fenster auf einer Höhe abgearbeitet)). Ich glaube es ist so ziemlich egal, was man da anzieht, spätestens nach 10 Minuten ist man da sowas von durchgefroren, und bewegen kann der sich ja auch so gut wie nicht, nur hin und wieder den rechten Arm.
Oh, mir fällt gerade doch noch ein Job ein, der schlechter ist - nämlich der des Hebebühnenwagenführers. Ja richtig, die waren zu zweit, einer hat die Bühne hoch und runter bewegt, und dann stand er daneben im Hebebühnenkorb während sein Kollege (dem dazu vielleicht der "Führerschein" fehlt) das Fenster putzte. Er konnte also nicht mal hin und wieder den rechten Arm bewegen, höchstens den rechten Zeigefinger.
Heute waren sie immer noch an der gleichen Hausseite beschäftigt. Wenn die in dem Tempo weitermachen, ist es beim letzten Fenster immerhin Sommer. :-)

Fröstelnde Grüße.

Hendrik

Mittwoch, 13. Januar 2010

Der erste Tag

Hallo Freunde!

Zugegebenermaßen mit etwas Verspätung, aber wegen soo vieler Dinge die zu tun sind nicht früher möglich, kommt hier die Schilderung meines ereignisreichen ersten Tages meiner Diplomarbeit am Montag.

Ich war um 9 Uhr mit Tomas verabredet. Tomas ist einer meiner beiden Betreuer, die andere ist Lotten (Charlotte). Da ich ein fachübergreifendes Thema bearbeite habe ich auch 2 Betreuer, aber zum Fachlichen kommt später noch mal was (sobald ich dazu Zeit finde...).
Gleich zu Beginn konnte ich mal wieder klingeln, denn wer sich erinnert, die Physik in Uppsala ist ein riesiges Gebäude mit Flügeln, die mit Hus 1 bis Hus 9 oder so durchnummeriert sind. In jeden Flügel kommt man nur mit einer Karte, damit da nicht jeder so reinkann wie er will. Und solch eine Karte hatte ich natürlich noch nicht (immerhin sollte ich eine bekommen, was schon mal ein Fortschritt gegenüber letztem Mal ist, wo es dann schon mal vorkam dass ich nicht in die Vorlesung konnte, weil ich ohne Karte schon keinen Zutritt zu dem Korridor mit dem Vorlesungssaal hatte und ich mit etwas Pech der Letzte war und keiner nach mir kam um die Tür zu öffnen :/ ); deshalb also klingeln. Die Sekretärin hat mich dann zu Tomas gebracht, der einen sehr netten Eindruck macht (ist ein Tscheche, glaube ich). Wir haben dann beschlossen, dass wir mal mit Organisatorischem anfangen, d.h. mich offiziell in der Uni anmelden (als Student, aus versicherungstechnischen Gründen), meine Diplomarbeit beantragen, mir eine Karte zum Reinkommen besorgen usw. usf.. Aber erst mal begannen wir mit einer Kaffeepause (sehr sympathisch), denn auch Lotten war gerade gekommen, zusammen mit ihren niedlichen blonden Kindern. Der Kindergarten hatte nämlich zu. Deshalb blieb sie auch nicht sehr lange, aber sie hatte trotzdem Kanelbullar (die vom Hockey wissen wovon ich rede) mitgebracht. Auch sehr sympathisch. Und Lotten ist, wie Tomas und überhaupt die ganze Gruppe, sehr sehr nett und hilfsbereit, also ich fühle mich echt gut aufgehoben! Doch wieder zurück zur Fika, Kaffeepause. Fika ist sehr wichtig in Schweden, sogar der Chor macht mitten in der Probe eine, und so ist es auch in der Arbeitsgruppe so, dass es morgens um 10 und nachmittags um 15 Uhr eine Fika gibt, wo alle die gerade nichts Unaufschiebbares zu tun haben sich in der Sitzecke zusammenfinden und ein bisschen über dies und das reden (je nachdem über Dinge in der Arbeitsgruppe oder auch ganz was anderes). Doch ich schweife schon wieder ab... . Auf dem Weg zur Fika, wo wir Lotten trafen, gab mir dann auch noch eine andere Frau die Hand. Ich stellte mich höflich vor, und nachdem sie selbst das nicht tat fragte ich mal nach "Und du bist...?". "Ich bin Marika."
Oh - mein - Gott, wie peinlich! Marika. Marika Edoff. Meine betreuende Professorin. Die, die ich vor 2 1/2 Jahren getroffen hatte, um mich über die Arbeitsgruppe zu informieren, mit der ich den ganzen Mailkontakt hatte, die die ganze Diplomarbeit ermöglicht und die Überaufsicht samt Bewertung inne hat - und ich hab sie nicht wiedererkannt. Ich wäre ja so gern vor Scham im Boden versunken!
Sie selber fand es offenbar gar nicht so schlimm, wäre ja schon lange her wo wir uns gesehen hätten, gut, sie hat mich zwar auch wiedererkannt, aber sie nahm's wohl echt nicht so schwer. Glück gehabt, auch eine Nette.
Nach der Fika begann dann der anstrengende Part, der Gang durch die Institutionen. Mit Tomas. Zuerst sind wir zur Sekretärin gegangen, Marianne. Die sagte, wie gehen am besten zu Ingrid, die wäre da zuständig. Ingrid wohnt zwei Stockwerke höher. Ingrid war sehr nett, aber wohl nicht direkt zuständig. Das war ihrer Meinung nach Ewa. Ewa war leider nicht da, weshalb wir sie später noch mal aufgesucht haben. Da war sie dann da. Ewa war sehr nett, aber wohl auch nicht so richtig zuständig. Das sollte nämlich Urban sein. Urban, glücklicherweise nur ein Zimmer weiter sesshaft, war sehr sympathisch, und sehr nett, aber - ihr ahnt es schon - nicht wirklich zuständig. Immerhin wusste er aber, wer zuständig ist, nämlich Nora. Nora wohnte leider nicht nur ein Zimmer weiter, aber wir haben es trotzdem gefunden. Nora ist wirklich ausgesprochen nett; obwohl sie eigentlich extrem im Stress war (sie hatte am nächsten Tag eine Klausur, ich nehme zwar mal an dass sie auf der schöneren Seite der Klausur aktiv war, aber vielleicht musste sie die noch zusammenstellen oder so). Sie hat sich trotzdem geduldig angehört, was wir wollen, konnte aber leider nichts machen, weil sie zwar ein bisschen zuständig war, ich aber noch keine sogenannte P-Nummer habe. Nicht nur, dass jeder Bürger Schwedens eine Personalnummer hat, die er für Steuern und ähnliches braucht (ich brauche wohl auch eine, wenn ich auch noch nicht genau weiß wofür), nein, die Uni verteilt auch noch intern eine P-Nummer, die wie die Personalnummer mit dem Geburtsdatum beginnt, aber dann mit Pxxx endet. So eine Nummer hatte ich natürlich noch nicht, denn ich war ja grad erst angekommen. Aber sie kannte jemanden in ihrer Arbeitsgruppe, der auch Student ist und das vielleicht wüsste. Den - und seine Chefin - haben wir dann auch sogleich aufgetrieben und gefragt. Glücklicherweise hatten sie eine Idee, wo man sich die P-Nummer besorgen könnte. Unglücklicherweise war das wieder ganz woanders. Nichtsdestotrotz sind wir tapfer dorthin gestapft, zu einem alten, namenlosen Mann (also ich weiß seinen Namen an der Stelle nicht), der ein sehr ausführliches Gespräch mit einem anderen namenlosen Mann führte. Als wir dann endlich unser Anliegen vortragen konnten, war er doch eher überfordert, hatte aber eine gute Idee, wen man da fragen könnte...Anna, aus dem Büro gegenüber. Anna wusste Bescheid, und zwar dass ich diese Nummer bei ihr nicht bekommen kann. Dazu müsste ich erst als Student angemeldet sein...und diese Anmeldung scheiterte ja bisher an der fehlenden Personalnummer. Hm. Mit dieser interessanten, wenn auch etwas unbefriedigenden Erkenntnis sind wir einfach mal wieder zu Nora, die uns vermutlich sehr böse sein würde, dass wir sie schon wieder von der Arbeit abhalten. War sie aber nicht, sie war immer noch sehr nett. :-) Wir beschlossen, dass wir den Antrag vielleicht einfach mal versuchen ohne P-Nummer einzureichen, in der Hoffnung, dass "die" (wer auch immer "die" sind) mir dann schon eine zuweisen. Und wie wir da so am Reden waren kam das Gespräch darauf, dass ich recht passabel Schwedisch spreche, ja woher ich das denn könnte, oh ich hätte einen Sprachkurs gehabt, damals, als ich schon mal in der Uni war...damals...als ich ja auch schon eine P-Nummer zugewiesen bekommen hatte...die sich auch noch im Computer fand... . Kurz und gut, wäre einem etwas dussligen Studenten, der hier namentlich nicht erwähnt werden möchte, das mal früher eingefallen, hätte man sich grob die letzten 4 Stationen sparen können. Aber so kenne ich jetzt wenigstens den gesamten bürokratischen Apparat und einen Haufen netter Leute.
Aber wir waren noch nicht am Ende. Denn wie das Formular nun auszufüllen ist, da war sich Nora auch nicht ganz sicher. Denn ich mache ja eine einjährige Diplomarbeit, während die Schweden nur eine halbjährige Abschlussarbeit ("exjobb") machen. Dazu bin ich ohne Abkommen oder Erasmus hier, sondern total unabhängig, was auch noch alles Probleme verursacht; nicht, weil man solche Leute nicht will, sondern einfach, weil man nicht genau weiß wie man die eigentlich "verarbeiten" soll. Das war (ist) glaube ich die Grundproblematik an der ganzen Sache. Die Frage war also, was man in diesem Formular für "Studenten" einträgt, weil ich ja eigentlich nicht als Student auftreten wollte (mit Vorlesungen besuchen etc.), aus versicherungstechnischen Gründen aber als solcher geführt werden soll. Hrch. Aber Ewa sollte Bescheid wissen, von der wir wieder freundlich auf Urban verwiesen wurden, der leider relativ neu ist, so dass sein Vorgänger den letzten meiner Art bearbeitet hatte. Aber er hatte zumindest so eine Grundidee, und so haben wir einfach eine Vorlesung und eine halbjährige schwedische Diplomarbeit in den Studienplan eingetragen. Das Verfahren läuft, mal sehen was bei rauskommt (das Antragsformular sah jedenfalls witzig aus, mit lauter durchgestrichenen, überschriebenen und zwischen die Zeilen gequetschten Einträgen, weil der von Nora, meiner Professorin, mir und wer weiß wem noch ausgefüllt wurde, und dann ständig falsche Sachen in falschen Feldern standen).
Daaann fehlte aber noch das Antragsformular für die Diplomarbeit respektive den Exjobb selber. Dem muss allerdings ein eine Art Zeitplan für den Verlauf der Arbeit beigefügt werden, laut Nora reicht da "so ein Satz pro Woche" schon aus. Ich frag mich ernsthaft, wie die sich das experimentelle Arbeiten vorstellen, soll da drin stehen "Woche 23: Voraussichtlicher Ausfall der Kühlpumpe am Sputter; stattdessen Arbeit mit dem Elektronenmikroskop"? Naja, Lotten und ich haben da jetzt was ausgetüftelt, wo immerhin zu jedem zweiten Monat ein Satz steht, vielleicht genügt das ja auch. Abgabe folgt noch.

Nachdem erst mal die P-Nummer "rausgefunden" (*hüstel*) war, wurde auch einiges anderes viel einfacher. Plötzlich gab es auch an der Chipkartenausgabe kein Problem mehr (zum Glück hat da keiner nachgefragt, wie man innerhalb von einer Stunde einmal ohne und dann plötzlich doch mit P-Nummer auftauchen kann), den ersten Anlauf habe ich euch aus Zeitgründen mal erspart. Und jetzt fühle ich mich richtig wichtig, und kann völlig ohne Begleitung den Korridor betreten. :-) Huh bin ich wichtig jetzt! :-)))

Ja, so war mein erster Tag (ich war auch noch beim Finanzamt wegen der "richtigen" Personalnummer und beim Migrationsverket wegen der offiziellen Anmeldung, die man mir wiederum im Finanzamt nahegelegt hat, und bei der Bank wo ich immer noch kein Geld aus dem Automaten, aber auch nicht am Schalter bekomme, aber das war alles nicht so superspannend). Es gibt noch so vieles zu erzählen, über den Aufbau der Arbeitsgruppe (menschlich und räumlich), die "Mensa", die anderen Gruppenmitglieder, meinen zweiten Tag, oder auch was ich überhaupt in meiner Diplomarbeit machen werde - aber damit muss ich euch auf ein anderes Mal vertrösten; ich weiß sowieso nicht, wer von euch sich überhaupt durch diesen Eintrag hier bis zum Ende durchgebissen hat. ;-)

Viele Grüße und bis bald.

Hendrik

Dienstag, 12. Januar 2010

Dinge, die man bei -18°C Außentemperatur prima machen kann

  • Drinnen bei molligen 22°C ein Buch lesen und dabei einen heißen Tee schlürfen.
  • Durchs Fenster die Vögel beobachten, wie sie sich an den Sämereien am Vogelhaus gütlich tun.
  • Ohne Mütze zur Uni fahren.

Montag, 11. Januar 2010

Meine Residenz

Hallo Leute!

Heute möchte ich ein wenig dazu schreiben, wo ich hier untergekommen bin.

Ich habe diese Diplomarbeit ja selbst an Land gezogen, d.h. es gibt weder eine Zusammenarbeit der Universitäten noch läuft das über ein Programm wie ERASMUS oder ähnliches. Das hat es nicht nur auf deutscher Seite schwieriger gemacht, einen Betreuer zu finden, sondern verkompliziert auch hier einiges wie die Wohnungssuche erheblich (und auch noch andere Dinge, wie ich heute erfahren musste, aber davon morgen mehr) . Während ich als Erasmus-Student einen Wohnheimplatz zugewiesen bekam, und mein betreuender Professor sogar so nett war Schlüssel, Chipkarte, Code und andere Dinge schon vorher für mich zu besorgen und mich vom Bahnhof dorthin brachte, muss ich mich jetzt nicht nur selber auf die Suche begeben, sondern kann mich auf manche Wohnheim-Plätze gar nicht erst bewerben. Dort wo man sich bewerben kann habe ich das getan, finde das Verfahren aber ziemlich undurchsichtig und erfahre immer nur, dass ich Wohnungen nicht bekommen habe, aber nicht warum. Ich weiß nicht mal, ob ich alle Angaben richtig gemacht habe (obwohl eine schwedische Freundin so nett war es für mich durchzuschauen und meinte es sähe ok aus). Die andere Möglichkeit, die es gibt, ist über den "privaten Wohnungsmarkt" zu gehen, aber das war von Deutschland aus praktisch nicht möglich, schließlich konnte ich mich den WGs oder Wohnungseigentümern weder persönlich vorstellen, noch mir selbst ein Bild von der Wohnung machen. Ich war also kurz davor in Gefahr zu laufen, hier die ersten Wochen in einer Jugendherberge verbringen zu müssen. Hilfe kam dann etwas unerwartet von einem Bekannten hier, den ich eigentlich nur angeschrieben hatte um in Erfahrung zu bringen, ob es noch andere als die mir bekannten Möglichkeiten gibt, einen Wohnheimplatz o.ä. zu finden. Er hat mir dann angeboten, dass ich bei seinen Eltern wohnen könnte (in Absprache mit diesen natürlich). Zumindest seinen Vater kannte ich auch, ich hatte mich ein paar Mal mit ihm unterhalten. Er ist Professor und außerdem (woher ich ihn dann auch kenne) "Inspektor" meiner Nation (wem das Konzept der Nation nicht vertraut ist, der muss sich wohl leider noch ein paar Blogeinträge lang gedulden). Inspektor, das ist quasi der Oberste der Nation, eine Art Alterspräsident (so stelle ich es mir zumindest vor), der bei den besonders festlichen Gasques/Festen anwesend ist und eine wichtige Rede hält. Ich glaube er hat auch einen Blick darauf, dass sich die Nation in den richtigen Bahnen bewegt. Ja, und bei ihm und seiner Frau sollte ich also wohnen können, und dieses Angebot habe ich natürlich dankend angenommen. Der Sohn hat mich am Samstag bei der Ankunft erwartet und mir mein Zimmer und das Haus gezeigt. Die Konditionen sind: Ich habe ein (zugegebenermaßen recht kleines) Zimmer, und ein eigenes kleines Bad mit Dusche. Alles andere darf ich mitbenutzen ("schau in alle Schubladen und Schränke, es gibt keine Geheimnisse"), das heißt insbesondere die große und voll ausgestattete Küche. :-) Als wäre das noch nicht Vertrauen genug ist der Grund, warum mir das Haus vom (nicht mehr hier wohnenden) Sohn gezeigt wurde, dass die Eltern bis zum nächsten Wochenende gar nicht hier sind. Ich wohne also die erste Woche komplett allein in diesem großen Haus. :-))) (Später dann zusammen mit den beiden Eltern und zwei Hunden.) Ich weiß nicht wie, aber offenbar ist es mir damals gelungen, einen recht vertrauenserweckenden Eindruck zu hinterlassen.


Haus am Schnee




Mein Zimmer. Ja, das da oben ist eine
ausgestopfte Eule. Ja, die war schon dort.




Mein Bad. Wofür der Korb an der Wand ist,
habe ich noch nicht rausgefunden. Wenn jemand eine
Idee hat, bitte Bescheid sagen! Einstweilen werde ich dort
meine getragenen Socken lagern.




Die Rieeesen-Küche. Mit Gefrierschrank! Endlich. :-)

Im Übrigen hat der Vater, als er erfuhr, dass meine Mutter auch mitkommt, sofort gesagt dass sie auf jeden Fall hier übernachten muss und nicht in der Jugendherberge; dafür wurde dann das Ehebett zurecht gemacht. "Das ist eine natürliche Sache!", da wollte er gar nicht mit sich diskutieren lassen.
Netterweise wurde mir gesagt, dass ich hier so lange wohnen bleiben darf, bis ich etwas anderes gefunden habe. Da ich sich bis jetzt bei den Wohnheimplätzen immer noch nichts getan hat (vielleicht auch nicht so verwunderlich, wo hier gerade das neue Semester beginnt), ist das sehr beruhigend.
Es gibt nur 3 Dinge, die mir zum vollkommenen Glück hier fehlen, wobei das erste nur etwas unschön ist, die anderen beiden Sachen je nachdem aber noch zum Problem werden könnten.

- Ich vermisse eine Schublade. Es ist erstaunlich, aber mir wurde erst jetzt bewusst, wie praktisch Schubladen sind. Den ganzen Krimskrams kann man einfach darin verschwinden lassen, und schon sieht es nicht mehr unordentlich aus.
- Ich habe keinen Schreibtisch. Dafür ist das Zimmer wohl zu klein. Noch habe ich nicht viel zu Hause zu arbeiten, und wenn kann ich es hier am Schreibtisch der Mutter tun, die ja nicht da ist. Wie das aber wird, wenn sie wieder da ist, weiß ich noch nicht. Und da ich ja im Grunde zum Arbeiten hier bin, könnte das problematisch werden.
- Ich habe kein Internet in meinem Zimmer. Das ist hier alles über Kabel, d.h. ich bin darauf angewiesen mich dort einzustecken wo es geht, und das sind die Arbeitszimmer der Eltern. Jetzt gerade auch noch kein Problem, aber es könnte möglicherweise meine Spontaneität zu wissenschaftlichen Nachforschungen, aber auch zu skypen, chatten und mailen arg einschränken.

Ich denke, ich werde das wenn die Eltern wieder da sind mal ansprechen (bis auf das mit der Schublade ;-) ), vielleicht kann man das ja irgendwie lösen. Große Ansprüche werde ich natürlich keine stellen, schließlich sind das hier meine Retter in der Not, und dass sie mich bei 100€ im Monat abzocken kann man auch nicht gerade behaupten (so wie die hier heizen deckt das vermutlich gerade mal die Nebenkosten). Aber ich habe den Eindruck gewonnen, dass man mir hier bei allem gerne entgegen kommt, und fragen kostet ja nichts.

Ja, so ist meine momentane Wohnsituation. Übrigens liegt das Haus so gesehen praktisch, dass es nicht weit von meinem damaligen Wohnheim entfernt ist (wenn auch leider von der Innenstadt aus gesehen in die falsche Richtung). Es ist zwar recht weit zu allem (Innenstadt, Uni), aber auf jeden Fall kenne ich mich schon aus, und zwei Supermärkte sind ziemlich in der Nähe (ungefähr so wie es für mich Edeka und Kaufland in Konstanz waren, wem das was sagt).
Die Adresse poste ich hier mal lieber nicht, wo ich schon die Bilder veröffentlicht habe, aber wer Interesse hat kann gerne nachfragen.

Viele Grüße.

Hendrik

Sonntag, 10. Januar 2010

Die Fahrt

Hallo zusammen!

Wie ihr daran erkennen könnt, dass hier wieder etwas geschrieben steht, bin ich gut und sicher in Schweden angekommen. Ist ja auch mal eine Nachricht wert. :-)

Am Freitag ging es in aller Frühe los, ab halb sieben bewegte sich das Auto Richtung Schweden. Genau, das Auto. Im Wesentlichen gibt es ja drei Möglichkeiten nach Uppsala zu kommen (ich rede jetzt nur von den wirklich praktikablen Möglichkeiten): Auto, Bahn oder Flugzeug. Am schnellsten ist sicher das Flugzeug, aber die haben ja die 20 kg-Begrenzung. Und weil ich vom letzten Mal weiß, dass da dann wirklich nur das aller-, allernötigste mit kann, war der Plan mit dem Auto zu fahren. Meine Mutter würde mitkommen und dann mit dem Auto wieder zurückfahren. Problem war dann allerdings, dass sich just zum Wochenende ein Schneechaos angekündigt hatte. Deshalb hatte ich einen "Notfallkoffer" gepackt, in dem alles Wesentliche, d.h. ein bisschen was von jeder Sorte Kleidung, Bettwäsche und eine Tasse, drin war, falls ich im letzten Augenblick doch den Zug (der ja keine 20 kg-Grenze kennt) nehmen muss. Das war glücklicherweise nicht nötig, wofür mir im Zweifel vermutlich auch alle Menschen die in Riechweite mit mir zusammenarbeiten müssen dankbar sein werden, nachdem ich festgestellt habe dass ich in der Eile gerade mal so 3-4 Unterhemden eingepackt hatte.
Aber wir haben uns dann ja doch für's Auto entschieden, und in Deutschland sind wir dem Schnee ja auch eher weggefahren, da er von Süden kommen sollte. Nur in Hamburch hat's mal ordentlich geschneit, da war die Autobahn in Nullkommanix zu. Deutschland haben wir dann mit der Fähre (Puttgarden-Rödby für die vielen Leser, die meinen Weg auf der Karte mit dem Finger nachfahren) verlassen. Es ging dann quer durch Dänemark, von wo wir dann über die Öresundbrücke nach Schweden eingereist sind. Interessanterweise wird die Maut dort erst auf der anderen Seite kassiert. Keine Ahnung was die mit denen machen, die erst dort erfahren dass das Geld kostet und keines mithaben.
Auch in Schweden selbst war die Fahrt sehr angenehm, immer schön mit 110 und wenn erlaubt sogar 120 km/h auf der zweispurigen E4, die bis nach Uppsala führt (wie praktisch!), gerne auch mal 100 km lang ohne jemanden zu überholen oder selbst überholt zu werden. Die linke Spur war in der Regel vereist, aber sonst war erstaunlich gut geräumt. Gegen 17 Uhr waren wir dann in Huskvarna bei Jönköping, das liegt am Vätternsee (immerhin fast 4 Mal so groß wie der Bodensee). Dort haben wir dann in der Jugendherberge übernachtet, und dort habe ich dann auch mit Schrecken feststellen müssen, dass meine Karte der SEB (ich bin ja vor 3 Jahren extra zur SEB gewechselt, um in Schweden kostenlos Geld abheben zu können) nicht funktioniert. Noch weiß ich nicht, woran es liegt, vielleicht das Chipkartenproblem, von dem ich noch in Deutschland in den Nachrichten gehört hatte, aber hoffentlich löst sich das bald, sonst sitze ich hier sehr schnell auf dem Trockenen. :/
Am nächsten Morgen, also Samstag, ging es dann nach dem Frühstück in der Jugendherberge wieder los. Es war ein herrliches Bild: Am See entlang, der bei -20°C dampfte, dessen Nebenschwaden die aufgehende Sonne golden färbte, die glitzernde Wasseroberfläche umgeben von raureifbedeckten Bäumen in einer herrlichen Schneelandschaft... . Ich hätte sehr gerne ein Foto gemacht und hier gepostet, aber leider hat die Kamera bei diesen Temperaturen den Dienst verweigert. Erst später, im aufgewärmten Auto, hat sie es wieder getan. Aber da lag der See schon hinter uns.



Ja, es ist kalt hier. Dennoch schnurrte das Auto zuverlässig, und schon gegen halb drei waren wir am Ziel Uppsala angekommen und haben das Haus auch direkt gefunden. Hilft schon ein bisschen, wenn man schon mal hier gewesen ist. :-)
Wir waren dann noch rasch einkaufen (wobei zur Eile hier nicht geboten ist, denn die Läden in Schweden haben Öffnungszeiten die deutschen Gewerkschaftern die Tränen in die Augen treiben würden. Der nächste ICA-Supermarkt beispielsweise Montag - Sonntag von 8-23.30 Uhr, das ist sogar noch eine halbe Stunde länger als damals). Zum Abendbrot gab es gleich etwas typisch schwedisches, Pytt i panna. Ursprünglich wohl mal ein Resteessen gewesen, bei dem der Sonntagsbraten, Wurstreste und was sich sonst noch so in der Küche fand zusammen mit Kartoffeln und Zwiebeln in der Pfanne gebraten wurde, gibt es das inzwischen auch fertig abgepackt zu kaufen. Also genau das Richtige, wenn man ankommt und eine schnelle warme Mahlzeit braucht. Dazu natürlich Rote Beete. ;-)




Ja, damit bin ich also wieder hier. Hier, wo das genau ist und wie ich dazu kam, das beschreibe ich bald mal in einem eigenen Eintrag.

Bis dahin!

Hendrik

Mittwoch, 6. Januar 2010

Ein neuer Anfang...

Hallo liebe Leser!

Nach dem großen Erfolg meines ersten Blogs aus dem Jahre 2007, der eine Leserzahl im fast zweistelligen Bereich erzielen konnte, habe ich mich dazu entschlossen euch auch während meines zweiten längeren Schweden-Aufenthalts auf diesem Wege auf dem Laufenden zu halten.

Sicherlich wird sich der Blog ein wenig vom letzten Mal unterscheiden. Nicht nur, dass ich viel älter und reifer geworden bin. *hüstel* Nein, vermutlich werde ich auch weniger Zeit haben. Weniger Zeit viele spannende Blog-reife Dinge zu erleben (schließlich schreibe ich meine Diplomarbeit), und weniger Zeit zu posten. Aber ich werde trotzdem versuchen, interessante Erlebnisse, schweden-spezifische Beobachtungen, hin und wieder etwas zu meiner Diplomarbeit oder auch ein kleines Anekdötchen schriftlich zu fixieren und euch so an meiner Zeit im hohen Norden teilhaben zu lassen. Den treuen Lesern von damals kommt dann vielleicht auch mal was bekannt vor, aber im Interesse der Neuen beschreibe ich vermutlich auch einiges noch mal. Und mal ehrlich, wer von euch weiß noch genau, was "Valborg" war? Eben. :-)

Die Reise beginnt am 8. Januar, und die erste spannende Frage wird sein, ob ich heil dort oben ankomme bei dem ganzen Schnee. Die zweite, ob ihr überhaupt was davon erfahrt, sprich, ob ich Internet haben werde. Nun, man wird sehen.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und hoffe, dass ich auch andersrum aus meinen alten Heimaten hin und wieder was zu hören kriege.

Viele Grüße!

Hendrik