Hej alla!
Ich dachte heute schreibe ich mal wieder was zum Thema Land und Leute. Schließlich sollt ihr am Ende des Jahres auch das Gefühl haben, etwas über Schweden erfahren zu haben, und nicht nur über meinen mal mehr, mal minder interessanten Alltag.
Heute also etwas zum Thema Einkaufsläden. :-) Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass uns Schweden dahingehend immer etwas voraus ist (das muss nicht zwangsläufig positiv gemeint sein, wie ihr vielleicht im Verlauf dieses Eintrags finden werdet), weshalb auch die unter euch, die nicht an Schweden aber vielleicht an einem kleinen Blick in die Zukunft interessiert sind, hieran Interesse finden könnten.
Fangen wir an mit den Öffnungszeiten. Wie bereits an früherer Stelle mal angedeutet ist man in dieser Hinsicht sehr liberal in Schweden. In der Innenstadt gibt es durchaus Geschäfte, die auch sonntags geöffnet haben. Noch weitaus freizügiger halten es die Supermärkte. Die haben nicht nur abends sehr lange offen (wie es seit einiger Zeit auch in Deutschland einzuziehen beginnt), 23 Uhr ist keine Seltenheit. Aber auch was die Tage angeht: Sie haben immer offen, immer immer immer. Heiligabend 20 Uhr und die Kerzen sind runtergebrannt? ICA hat offen. Ostersonntag und die Eier vergessen? Auf zu ICA! Silvester 23.30 Uhr und schon alle Böller aufgebraucht? Im Supermarkt gibt es sicher noch welche. Hier ist nichts heilig, hier kann man immer einkaufen. Die Frage ist höchstens, wer das will.
Hier mal ein Bild mit einer schon etwas kurios anmutenden Öffnungszeit.
Kein Druckfehler, steht so ums ganze Gebäude: 7-23.31 Uhr,
geöffnet an allen Tagen.
Ich nehme mal stark an, dass man sich für diese Öffnungszeit entschieden hat, um sich die längsten Öffnungszeiten Uppsalas auf die Fahnen schreiben zu können. Zumindest habe ich noch keine längeren hier entdecken können, und man bewirbt genau dieses Geschäft (nicht etwa die Kette, sondern diesen Laden) auch hier im Radio. In der Nähe gibt es im Übrigen einige Studentenwohnheime.
Nun bin ich niemand, der sich jemals für solch lange Öffnungszeiten begeistern ließ, weil ich sowieso in den seltensten Fällen des Nachts Lust auf einen Einkauf verspüre und zudem der Meinung bin, dass der überwiegende Teil aller Menschen in der Lage sein sollte, mit etwas Planung seine Einkäufe so legen zu können, dass man sie auch bei Berufstätigkeit bis sagen wir mal 20 Uhr abgeschlossen haben können sollte (wer noch länger arbeitet fängt in der Regel ja später als 8 Uhr morgens an). Aber davon abgesehen hat diese Freigiebigkeit auch ein paar handfeste Nachteile. Der offensichtlichste ist sicherlich, dass ja auch auf der anderen Seite der Kasse jemand stehen muss, wenn ich so spät einkaufe. Und mir tun die Leute einfach Leid, die am ersten Weihnachtsfeiertag um 7 Uhr morgens in einem vermutlich leeren Supermarkt stehen müssen anstatt auszuschlafen oder mit ihrer Familie zu frühstücken. Ein Argument ist häufig, dass dies in vielen Fällen ebenso wie zu späten Uhrzeiten Studenten oder andere Menschen wären, die das Geld bräuchten (Spät-, Wochenend-, Feiertagszulage) und so eine gute Möglichkeit bekämen es in kürzerer Zeit oder überhaupt zu verdienen. Aber zum einen glaube ich kaum, dass sich der gesamte Bedarf mit Studenten abdecken lässt, und zum anderen führt genau das zu einem weiteren Problem, dass auch all die Leute betrifft die etwas weniger gefühlsduselig sind wie ich. Denn diese großzügigen Öffnungszeiten lassen sich die Geschäfte natürlich bezahlen, was heißt dass seit der Erweiterung die Preise merklich teuerer geworden sind (wie mir Anki, die Mutter, berichtet hat). Und das, wo es in Schweden ohnehin schon teurer ist (im Vergleich zu Deutschland weitere Strecken zum Transport, weniger potentielle Kunden und damit sicher geringerer Großkundenrabatt). Mir wird wirklich noch jedesmal fast schwindelig, wenn ich die Preise in Euro umrechne. Ein Gläschen Pesto 2,60€, ein Pfund normale Butter 1,85€, oder der Knaller gestern 100g Mandelblätter für fast 2€! Ich glaube da gibt es im Kaufland 200g für 50-70 Cent. Aber was will man machen, wenn man sich in den Kopf gesetzt hat sich eine äußerst schmackhafte Shrimps-Mandel-Curry-Sahne-Soße zu machen? :-)
Vorreiter ist man hier auch beim Thema Kassieren. Schon lange gibt es hier "Selbstscannen", wo man mit einem Scanner selber durch den Laden rennt und den Kassierern die Arbeit abnimmt, in dem man jedes Teil kurz einscannt bevor man es in den Wagen legt. Anreiz ist glaube ich, dass es hin und wieder Produkte etwas billiger gibt, so man sie denn selbst einscannt. An der Kasse selbst muss der Kassierer auch nicht mehr selber Geld wechseln, sondern die Scheine kommen in einen Schlitz, die Münzen in eine Münzmaschine, und das Wechselgeld kommt von selbst passend heraus. Wieder wertvolle Arbeitszeit gespart. Aber die meisten zahlen eh mit Karte.
Ist man bei Supermärkten, ist man auch schon schnell beim Thema Post. Denn auch die Post macht hier schon vor, was in Deutschland wohl irgendwann kommen wird. Es gibt hier nämlich keine einzige Postfiliale, die wurden vor einiger Zeit alle abgeschafft und sind jetzt auschließlich in Supermärkten zu finden. Auch das hat sicher Vor- und Nachteile. So profitiert man natürlich von den ausgedehnten Öffnungszeiten der Supermärkte. Außerdem hat man es möglicherweise nicht weit, wenn man ein Paket abholen will, so wie ich zum Beispiel. Mit den Paketen ist es übrigens so, dass gar nicht erst versucht wird die zuzustellen, sondern man bekommt gleich eine Benachrichtigung, dass es in der Poststelle abholbar bereit liegt. Für alte Menschen oder Leute, die nicht so nah am Supermarkt wohnen ist das bestimmt nicht so lustig, aber für mich hat es den Vorteil, dass ich das Paket sofort und zu jeder Uhrzeit abholen kann, während man in Deutschland, wenn man nicht zufällig da war als der Paketdienst kam, ja Minimum bis zum nächsten Tag warten muss, wahlweise aber auch so lange bis man mal während der Postöffnungszeiten Zeit hat, was oft genug ein Samstagvormittag sein kann, und wer mal an einem Samstagvormittag etwas in der Postfiliale in Konstanz wollte, der weiß, dass man da gut Zeit mitbringen sollte.
Natürlich bedeuten Filialen innerhalb des Supermarkts eine gehörige Einsparung von Arbeitskräften, und so sollte man meinen, dass die schwedische Post sehr günstig wäre. Das ist sie nicht. Sie ist langsam und teuer. Eine Postkarte nach Deutschland kostet 1,20€, aber die 55 Cent mehr als in die andere Richtung sind verkraftbar (obwohl man das mal in Prozenten ausrechnen sollte). Doch was meint ihr, was ein Paket kostet? Ein ganz normales, 1 kg, innerhalb Schwedens, da ist man gleich 15€ los. In Deutschland sind es bis 10kg 6,90€; will man hier 10 Kilo wegschicken ist man bei 22,50€, und um genau das bis nach Deutschland transportieren zu lassen werden es ungelogene 55€! Da ist man kurz davor zu überlegen, ob man sich nicht ein Flugticket kauft und es rasch selbst vorbeibringt. Man kann also im Grunde verschicken was man will, das Paket wird fast immer teurer sein als der Inhalt.
Tut mir leid, aber von mir wird es für euch in diesem Jahr wohl leider kein Paket geben. :-(
So, jetzt wisst ihr aber schon eine ganze Menge mehr über Schweden, nicht wahr? Wenn ich erst mal ins Schreiben komme... .
Wünsche euch noch ein winterliches Wochenende!
Hendrik