Freitag, 15. Januar 2010

Meine Diplomarbeit

Hallo zusammen,

zum Abschluss einer Woche, die man wohl insoweit erfolgreich nennen kann, als dass heute allem Anschein nach mein Antrag als Student der Uni akzeptiert und auch mein Studienplan für dieses Jahr (ihr wisst schon, der mit fast einem Satz pro Woche) von Nora angenommen wurde, kann ich dann ja endlich mal etwas dazu schreiben, was ich hier überhaupt mache.

Um mal ganz grob anzufangen (damit ich nicht an der Stelle schon alle Leser verliere, die kein weitgehend abgeschlossenes Physikstudium hinter sich haben), beschäftige ich mich mit Solarzellen. Solarzellen sind in der Lage, das Licht z.B. von der Sonne in Strom umzuwandeln, was wahnsinnig praktisch ist, weil die Sonne uns das Licht kostenlos zur Verfügung stellt. Außerdem entsteht bei der Umwandlung selber kein CO2, kein Atommüll und auch sonst nichts, bei dem man sich hinterher fragen muss, wohin damit. Außerordentlich praktisch also, so eine Solarzelle.
Nun kann man Solarzellen aus verschiedenen Materialien machen, es gibt da eine Riesen-Auswahl. Am bekanntesten sind sicher die aus Silizium, die haben die meisten auch schon mal gesehen. Das sind die, die üblicherweise auf den Dächern zu finden sind. Siliziumsolarzellen sind am meisten erforscht, da ist man schon ewig mit zu Gange und hat auch die physikalischen Grundlagen sehr gut verstanden. Neben diesem Punkt spielt für den Erfolg von Silizium auch eine Rolle, dass es quasi unbegrenzt verfügbar ist (beliebtester Witz unter Solarzellenphysikern ist daher auch "Silizium gibt es wie Sand am Meer", irre geistreich, ich weiß). Daher sollte man auch meinen, dass es egal ist, dass Siliziumsolarzellen relativ dick sind, zumindest für Physikermaßstäbe, denn um die 100 Mikrometer klingt natürlich nicht soo viel. Grund ist, das sonst nicht alles Licht von der Solarzelle absorbiert, aufgenommen wird, und damit verliert man dann ja wertvolle potentielle Energie. Dennoch, Silizium herzustellen ist furchtbar aufwendig, denn es muss aus technologischen Gründen sehr rein sein. Es wird also eingeschmolzen, mit aufwendigen Verfahren gereinigt usw.; das kostet so viel Energie, dass man es in Deutschland gar nicht bezahlen kann. So was wird dann eher z.B. in Norwegen neben einem Wasserkraftwerk gemacht, wo der Strom sehr günstig ist. Leider wird dadurch auch viel CO2 freigesetzt, und eine Siliziumsolarzelle braucht etwa 3 Jahre, um den Strom, der für ihre Herstellung nötig war, wieder einzuspielen. Jedenfalls ist das der Grund, warum man lieber dünnere Solarzellen hätte, weil man dann weniger Material braucht.
Das geht aber mit Silizium nicht (genauer: nicht mit kristallinem, aber zu detailliert wollte ich ja nicht werden). Dafür gibt es dann die - der Name verrät es - Dünnschichtsolarzellen. Die sind mit nur wenigen Mikrometern Schichtdicke wirklich dünn. Es wird da auch an vielen Materialien geforscht, denn es müssen zahlreiche Bedingungen erfüllt sein: Es muss das Sonnenlicht absorbieren können (richtige Bandlückengröße), gewisse Umweltgesichtspunkte erfüllen (es gibt zum Beispiel auch CdTe-Dünnschichtsolarzellen, aber Cadmium ist ziemlich giftig), in industriellem Maßstab produzierbar sein, einen akzeptablen Wirkungsgrad (wie viel der ankommenden Sonnenenergie wird dann überhaupt in Strom umgewandelt) besitzen usw. usf..
Ein sehr vielversprechendes Material ist da CIGS (kurz für Cu(In,Ga)(S,Se)2), bestehend aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen oder Schwefel. Es erreicht Wirkungsgrade bis 20%, das ist in etwa so gut wie polykristallines Silizium, also sehr beachtlich. Und das mit einem hundertstel des Materials; die Energie für die Herstellung ist hier schon nach 3 Monaten wieder reingeholt, man vergleiche das mit den 3 Jahren für Silizium! Auch an diesem Material wird viel geforscht, und das ist auch das Spezialgebiet der Gruppe an der Universität Uppsala, die da schon einige Rekorde bezüglich des Wirkungsgrades aufstellen konnte. Es gab sogar eine Firmenausgründung (wurde dann von den deutschen Q-Cells gekauft), und das ist schon nicht schlecht, denn es gibt nur sehr wenige Dünnschichtsolarzellenproduzenten auf der Welt. Wie eingangs erwähnt ist heutzutage nämlich immer noch fast alles Silizium. Doch auch wenn Dünnschichtsolarzellen und dort insbesondere CIGS sehr vielversprechend sind (nach Meinung einiger Experten hat Dünnschicht mehr Zukunft als Silizium), gibt es auch bei diesem Material ein paar Nachteile. So enthält auch diese Solarzelle einen (wenn auch sehr kleinen) Anteil an Cadmium, und vor allem besteht die Befürchtung, dass Indium, das auch in Flachbildschirmen reichlich Verwendung findet, irgendwann ausgeht, also einfach nicht mehr verfügbar ist. Und dann stünde man da, hätte die Technologie, aber kein Indium um die Solarzellen herzustellen. Man kann das Indium und Cadmium aber auch nicht einfach weglassen, und jetzt komme ich ins Spiel... .
Nein, ich soll keine Lösung gegen den Indium-Engpass finden. Ich soll ein komplett neues, bisher weitestgehend unerforschtes Material untersuchen, nämlich Kesterit, auch CZTS oder als Formel Cu2ZnSnS4. Wie man sieht, enthält es lauter harmlose, reichliche verfügbare Ausgangsstoffe (Kupfer, Zink, Zinn, Schwefel). Und meine Aufgabe ist nun, herauszufinden, ob sich auch aus diesem Material gute Solarzellen herstellen lassen. Es gibt auf der Welt noch nicht viele Gruppen, die sich mit diesem Material auseinandergesetzt haben. Das ist einerseits natürlich knifflig, weil es dadurch nicht viele Paper oder gar Bücher zu dem Material gibt (ich glaube, vorletztes Jahr wurden dazu 6 Paper veröffentlicht, letztes immerhin schon 20 - viel ist das nicht), andererseits macht genau das natürlich auch einen gewissen Reiz aus. Auch in meiner Gruppe, die ja sehr erfahren in CIGS ist, hat sich damit noch keiner beschäftigt, meine beiden Betreuer und ich betreten damit also Neuland. Ich soll jetzt sozusagen schauen, was machbar ist, ob man das Material gut herstellen kann, ob man daraus auch eine Solarzelle machen kann, und ob die dann einen vielversprechenden Wirkungsgrad hat. Wenn das alles klappt, wird es wohl hier weiter in die Richtung gehen, wenn nichts daraus wird --> ab in die Tonne mit der Idee. Wenn es nach Tomas, einem meiner Betreuer, geht, soll ich am Ende eine Solarzelle mit 7% Wirkungsgrad herstellen können, dafür hat eine ganze japanische Gruppe ca. 5 Jahre gebraucht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich schaffe, das innerhalb eines Jahres zu reproduzieren, aber man wird sehen.

Der Plan ist also wie folgt: Zunächst lese ich mich ein. Dabei muss ich auch erst Mal "Experte" für CIGS werden, denn beide Materialien besitzen die gleiche Kristallstruktur, wodurch man sich erhofft später in der Herstellung auf Tricks und Kniffe bei CIGS zurückgreifen zu können. Anschließend soll ich den aktuellen Stand der Forschung für Kesterit zusammenfassen und mit meinen Betreuern durchgehen. Dann soll ich versuchen, das Material herzustellen und zu analysieren, das heißt insbesondere auch, dass ich mit den ganzen Gerätschaften wie SEM (Rasterelektronenmikroskop) und anderen vertraut werden muss. Anschließend probiere ich verschiedene Mischungsverhältnisse der Komponenten Kupfer, Zink etc. aus, und versuche nebenher noch rauszufinden, wie man den Schwefel am besten einbringt (auf der Grundlage wird dann wohl vermutlich auch ein neues Gerät gekauft). Mit der mutmaßlich besten Mischung soll ich dann versuchen eine komplette Solarzelle herzustellen (Kesterit ist nur der sogenannte Absorber, also wo das Licht in Strom umgewandelt wird. Dazu braucht es noch Dinge wie Leitungen (man kann da nicht einfach einen Stecker reinstecken, um den Strom rauszubekommen) und sowas.), und die dann auch ausmessen (Wirkungsgrad...).

Das klingt in meinen Ohren ganz schön viel für ein Jahr, vor allem wenn man so ganz am Anfang steht und noch versucht überhaupt erst mal dieses andere Material CIGS zu verstehen, aber gut, man wird sehen wie weit ich auf diesem Weg komme. Vielleicht wird es am Ende ja tatsächlich eine 7%-Wirkungsgrad-Dünnschichtsolarzelle.

Soo, das war wieder ein langer Artikel, ich hoffe es war einigermaßen ausbalanciert, dass sich die Physiker noch nicht unterfordert gefühlt haben und alle anderen es schon zu kompliziert fanden, aber wer sich durch diesen Artikel nicht quälen wollte ist auch nicht so schlimm. ;-) Aber ich bin ja nun mal für die Diplomarbeit hier, und dann sollte ich für die Interessierten doch zumindest mal schreiben was ich grob mache.

Ein schönes Wochenende wünsche ich Euch!

Hendrik

3 Kommentare:

  1. War super, hast du gut gemacht Hendrik. Du solltest ein Buch schreiben!

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  2. Klingt interessant. Mal jemand der was brauchbares macht und dazu noch umweltbewusst ;)
    Wusste gar nicht das Siliziumaufbereitung so teuer ist wos das doch wie Sand am Meer gibt und in Wahrheit noch viel öfter ^^

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  3. Ich habs verstanden! :) Also nicht zu kompliziert für Menschen ohne Sinn für Physik oder Chemie (beides mit HurraHurra nach der Elften abgewählt, hehehe). Und ja, das hört sich nach viel an - aber ist halt ein richtiges Projekt, von Anfang bis Ende - und nicht nur so ein kleines Teilprojekt von nem Teilprojekt von nem Teilprojekt von nem Projekt =) Toll! Dann mal rein ins Vergnügen und VIEL ERFOLG schonmal jetzt! :)

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