Freitag, 26. Februar 2010

Endlich sputtern

Hallo versammelte Freunde der Vakuumpumpen und Sputteranlagen,

vielleicht etwas überraschend gibt es jetzt schon Neuigkeiten zu meinem Dasein als Experimentalphysiker. Ich hatte euch ja von den 2 Wochen erzählt, die die reparierte Vakuumpumpe jeweils braucht bis sie bei uns sein soll. Die 2 Wochen waren heute mal wieder um, und war die Pumpe da? Natürlich nicht. (Jetzt heißt es übrigens nicht mehr "in zwei Wochen", sondern "am Montag", aber das ändert natürlich nichts an der Grundsätzlichkeit, solange sich die Zeitangabe nicht auf die Vergangenheit ("seit gestern" zum Beispiel) bezieht.) Schon Anfang dieser Woche hatte mich Tomas jedoch vor die Wahl gestellt, ob ich auf die Pumpe warten möchte oder ob wir eine weniger leistungsfähige Pumpe, die aber immerhin vorhanden ist ("rumvagabundiert", ihr erinnert euch), installieren wollen. Es wäre zwar einen Nachmittag Arbeit mit der Installation, und das nur für 3 Tage Sputtern, aber wenn erst mal die richtige Pumpe da ist hat auch zunächst jemand anders das Vorrecht, weil er schon länger (noch länger sollte man sagen) darauf wartet. Für mich wären das dann weitere 1-2 Wochen warten. Na ratet mal, wie ich mich entschieden habe. :-)
Montagnachmittag haben wir dann also die weniger leistungsstarke Pumpe installiert. Mit deren Hilfe sollte ich dann von Dienstag bis Donnerstag sputtern. Das war zufälligerweise auch der Zeitraum, in dem mein Betreuer und Sputterexperte Tomas nicht da (sondern in Deutschland) ist (Tomas ist super in Sputtern, Lotten ist super in Solarzellen, so die grobe Aufteilung). Glücklicherweise fand sich aber jemand anderes (der mit dem Sputter-Vorrecht), der sich auf Tomas' Ansuchen hin einen ganzen Vormittag Zeit nahm, mir die Funktion der Anlage zu erklären. Ich habe mir alles fein säuberlich notiert, und dann folgten drei Tage harter Arbeit mit vieeel Sputtern. Ich habe alles gegeben. :-) Was Lotten und mir nur so eingefallen ist an verschiedenen Variationen habe ich gesputtert, hoch und runter, hin und her. War fleißig also. War richtig stolz! Heute kam dann Tomas wieder - und hat alles kaputt gemacht. Und das ging so:

Tomas und ich unterhielten uns heute Morgen darüber, wie es bei mir gelaufen ist (Tomas war schon ganz gespannt, er hatte mir sogar Mails aus Deutschland geschrieben und versucht mich anzurufen). Er erzählte mir auch, dass er sich schon zuvor mit Lotten unterhalten hatte, und immer wenn er etwas gemeint hatte was ich noch hätte sputtern können hätte Lotten gesagt "Hat Hendrik schon.". Klein-Hendrik lief also mit doch etwas vor stolz geschwellter Brust durch den Korridor. Klein-Hendrik ersuchte Groß-Tomas, ihm seine fantastischen Messaufzeichnungen präsentieren zu dürfen und eilte sogleich, ihm diese eifrig zu präsentieren. Groß-Tomas brauchte nur einen Blick auf die Aufzeichnungen um 3 Tage harter Arbeit für fast wertlos zu erklären. Und zwar ist es so, dass wir beim Sputtern zwei sogenannte "Targets" haben. Diese Quellen - eine aus Kupfer und Zinn, die andere aus Zink - werden mit Ionen beschossen, dabei lösen sich die Atome und setzen sich auf der Glas- oder Siliziumscheibe, die man vorher in die Anlage gelegt hat, ab. Und schon hat man eine dünne Schicht aus Kupfer, Zinn und Zink. Wichtig ist dabei das Verhältnis der Atomsorten zueinander, nämlich 2:1:1. Und genau dabei haben Lotten und ich in einer schneller Überschlagsrechnung im Reinraum auf einem Reinraumputztuch einen fatalen Fehler gemacht. (Zugegeben, der Fehler war nicht so leicht zu sehen wie es jetzt wirkt, Tomas war sich zunächst auch nicht sicher, und es folgte eine viertelstündige Diskussion mit Lotten und anschließend eine etwa halbstündige Denkarbeit und Rechnung von mir.) Und so kam es, dass ich volle drei Tage lang systematisch nur ein Drittel der gewünschten Kupfer/Zinn-Menge aufgesputtert hatte. Dadurch sind die gemachten Proben, naja, vielleicht nicht völlig unbrauchbar, aber es wird wohl kaum eine dabei sein aus der sich mal wirklich eine funktionierende Solarzelle herstellen lässt. Und das war noch nicht alles.

Da die reparierte Pumpe noch nicht da war (Überraschung!), konnte ich ja im Prinzip wenn ich wollte heute noch den gesamten Nachmittag sputtern, um wenigstens ein paar Proben in dem (nun neu berechneten) richtigen Verhältnis zu erlangen. Dazu war ich natürlich bereit. Also wieder in den Reinraum, die Geräte angeworfen (Routine habe ich jetzt ja immerhin), und losgesputtert. Dann kam Tomas mal vorbei, obwohl er eigentlich nicht viel Zeit hatte (wenn man drei Tage nicht da ist fällt vermutlich einiges an). "Oh, du fängst mit 300 Watt Leistung an?", fragte er, nachdem wir zuvor 400 Watt abgesprochen hatten. Nein, eigentlich nicht, aber er hatte recht, der Computer zeigte das an. Dabei hätte ich schwören können, dass noch Sekunden bevor Tomas den Raum betrat 400 Watt dort standen. Jetzt sah es so aus, als würde ich seine Hinweise nicht befolgen. Aber nur kurz. Denn dann stellte sich heraus: Der Computer zeigte falsche Sachen an, einfach mal so, wie man über eine Kontrolle mit dem Gerät selbst (das eine Digitalanzeige hat) feststellen konnte. Tja. Keine Ahnung, wie oft das in den letzten Tagen schon passiert ist, aber ich kann mich an wenigstens ein Mal erinnern, wo plötzlich keine Leistung (0 Watt) angezeigt war, obwohl ich mir sicher war welche eingestellt zu haben. Ich habe das dann auf Nachlässigkeit meinerseits geschoben, aber muss wohl auch ein Anzeigefehler gewesen sein. Die Probe war dann dahin (denn es ist ein komplizierter Prozess, das Sputtern, da kann man nicht einfach so an- und ausschalten).

Nachdem wir das hatten, schlenderte Tomas zu der Sputteranlage selbst und schaute mal durch das Sichtfenster. "Äh, Hendrik... .". O weia, die nächste schlechte Nachricht. Der "Shutter", eine Klappe mit der man die Probe vor und nach dem Sputtern vor dem Auftrag von Materialien schützt (ist schneller und effektiver als die Quellen ("Targets") nach und nach auszuschalten), machte bei weitem nicht das, was sie sollte und der Computer behauptete dass sie es tat. Sie war nämlich weder im geschlossenen Zustand zu, noch im offenen offen, sondern immer nur so halb, beim "geschlossenen" Zustand sogar noch etwas offener als im "offenen". Wie lange das schon so war? Keiner weiß es. Vielleicht habe ich drei Tage lang mit defekterm Shutter gearbeitet (lustigerweise stand er genau so, dass er die Kupfer/Zinn-Quelle verdeckte, also dem Material, von dem ich sowieso schon dreifach zu wenig gesputtert habe), vielleicht war es aber auch erst seit heute defekt. Es zu richten war überhaupt kein Problem, dazu brauchte Tomas 2-3 Sekunden, aber dadurch dass keiner weiß wie lange das schon so ist, ist die gesamte Kalibrierung im Prinzip dahin. Schwierig, es genauer zu erklären, aber zusammenfassend für euch: Das ist mindestens so schlecht wie es sich anhört.

Immerhin, kann man auf der Positiv-Seite vermerken, hat Tomas es heute gemerkt im Wesentlichen bevor ich mit der neuen Sputterserie angefangen habe (eine Probe war schon falsch, aber das geht noch). Außerdem waren die gemachten Fehler immerhin nicht allein meine Fehler bzw. Dinge, die ich einfach nicht wissen oder erahnen konnte, wie auch Tomas mit ein wenig mitleidvollem Blick noch mal sagte. Und Montag kann ich weitersputtern, weil erstens die reparierte Pumpe auch abends noch eingebaut werden kann, und sie zweitens meinem Vermuten nach sowieso nicht kommt. Das bedeutet zwar noch eine Menge mehr Arbeit, aber immerhin weiß ich jetzt einiges mehr. Wenn nur Tomas nicht gemeint hätte: "So ist es immer, und immer wenn man glaubt man hätte jetzt alles im Griff und wüsste worauf man achten muss, gibt es immer noch 1-2 Sachen, die falsch laufen.". Aber Tomas meinte auch: "Wir sollten darüber lachen, denn sonst müssten wir weinen, und das hilft auch nichts.".

In diesem Sinne. :-)

Hendrik

3 Kommentare:

  1. Herrje!!!
    Und ich dachte, bei mir wäre die Erhebung nicht ganz leicht gewesen! Da erscheinen die wilden Somalis und fahrigen Übersetzer ja wie zahme und wunderbar folgsame Lämmer - im Vergleich zu diesen abartig nervenaufreibenden Sputteranlagen! Alleine der Name schon - SPUTTERN! Ich denke jedoch lieber Hendrik, dass ich mich spätestens beim übernächsten Eintrag zu diesem herrlichen Thema daran gewöhnt haben werde!

    Jau, und das will ich nicht unterlassen: DICKES FETTES LOB AN DEINE FRUSTRATIONSTOLERANZ HENDRIK! Ich weiß nicht, ob ich dieses Sputterdings nicht an die Wand gezimmert hätte und "leck mich am A***" geschrieen hätte an deiner Stelle - wo doch Lachen wirklich eher helfen wird als alles andere. In diesem Sinne: Weiter so, du bist toll! Und diese Einträge! Danke! Lese ich wirklich sehr sehr gerne!

    Gute Nacht! :)

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  2. Oh, doch noch jemand, der den Eintrag gelesen hat. Danke Judith. :-)
    Ja, sputtern, die Mischung aus spucken und stottern wie du es glaube ich so schön genannt hast - ich fürchte, daran musst du dich tatsächlich gewöhnen. Aber ich werde es wohl noch öfters erwähnen, das wird schon. ;-)

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