Mittwoch, 13. Januar 2010

Der erste Tag

Hallo Freunde!

Zugegebenermaßen mit etwas Verspätung, aber wegen soo vieler Dinge die zu tun sind nicht früher möglich, kommt hier die Schilderung meines ereignisreichen ersten Tages meiner Diplomarbeit am Montag.

Ich war um 9 Uhr mit Tomas verabredet. Tomas ist einer meiner beiden Betreuer, die andere ist Lotten (Charlotte). Da ich ein fachübergreifendes Thema bearbeite habe ich auch 2 Betreuer, aber zum Fachlichen kommt später noch mal was (sobald ich dazu Zeit finde...).
Gleich zu Beginn konnte ich mal wieder klingeln, denn wer sich erinnert, die Physik in Uppsala ist ein riesiges Gebäude mit Flügeln, die mit Hus 1 bis Hus 9 oder so durchnummeriert sind. In jeden Flügel kommt man nur mit einer Karte, damit da nicht jeder so reinkann wie er will. Und solch eine Karte hatte ich natürlich noch nicht (immerhin sollte ich eine bekommen, was schon mal ein Fortschritt gegenüber letztem Mal ist, wo es dann schon mal vorkam dass ich nicht in die Vorlesung konnte, weil ich ohne Karte schon keinen Zutritt zu dem Korridor mit dem Vorlesungssaal hatte und ich mit etwas Pech der Letzte war und keiner nach mir kam um die Tür zu öffnen :/ ); deshalb also klingeln. Die Sekretärin hat mich dann zu Tomas gebracht, der einen sehr netten Eindruck macht (ist ein Tscheche, glaube ich). Wir haben dann beschlossen, dass wir mal mit Organisatorischem anfangen, d.h. mich offiziell in der Uni anmelden (als Student, aus versicherungstechnischen Gründen), meine Diplomarbeit beantragen, mir eine Karte zum Reinkommen besorgen usw. usf.. Aber erst mal begannen wir mit einer Kaffeepause (sehr sympathisch), denn auch Lotten war gerade gekommen, zusammen mit ihren niedlichen blonden Kindern. Der Kindergarten hatte nämlich zu. Deshalb blieb sie auch nicht sehr lange, aber sie hatte trotzdem Kanelbullar (die vom Hockey wissen wovon ich rede) mitgebracht. Auch sehr sympathisch. Und Lotten ist, wie Tomas und überhaupt die ganze Gruppe, sehr sehr nett und hilfsbereit, also ich fühle mich echt gut aufgehoben! Doch wieder zurück zur Fika, Kaffeepause. Fika ist sehr wichtig in Schweden, sogar der Chor macht mitten in der Probe eine, und so ist es auch in der Arbeitsgruppe so, dass es morgens um 10 und nachmittags um 15 Uhr eine Fika gibt, wo alle die gerade nichts Unaufschiebbares zu tun haben sich in der Sitzecke zusammenfinden und ein bisschen über dies und das reden (je nachdem über Dinge in der Arbeitsgruppe oder auch ganz was anderes). Doch ich schweife schon wieder ab... . Auf dem Weg zur Fika, wo wir Lotten trafen, gab mir dann auch noch eine andere Frau die Hand. Ich stellte mich höflich vor, und nachdem sie selbst das nicht tat fragte ich mal nach "Und du bist...?". "Ich bin Marika."
Oh - mein - Gott, wie peinlich! Marika. Marika Edoff. Meine betreuende Professorin. Die, die ich vor 2 1/2 Jahren getroffen hatte, um mich über die Arbeitsgruppe zu informieren, mit der ich den ganzen Mailkontakt hatte, die die ganze Diplomarbeit ermöglicht und die Überaufsicht samt Bewertung inne hat - und ich hab sie nicht wiedererkannt. Ich wäre ja so gern vor Scham im Boden versunken!
Sie selber fand es offenbar gar nicht so schlimm, wäre ja schon lange her wo wir uns gesehen hätten, gut, sie hat mich zwar auch wiedererkannt, aber sie nahm's wohl echt nicht so schwer. Glück gehabt, auch eine Nette.
Nach der Fika begann dann der anstrengende Part, der Gang durch die Institutionen. Mit Tomas. Zuerst sind wir zur Sekretärin gegangen, Marianne. Die sagte, wie gehen am besten zu Ingrid, die wäre da zuständig. Ingrid wohnt zwei Stockwerke höher. Ingrid war sehr nett, aber wohl nicht direkt zuständig. Das war ihrer Meinung nach Ewa. Ewa war leider nicht da, weshalb wir sie später noch mal aufgesucht haben. Da war sie dann da. Ewa war sehr nett, aber wohl auch nicht so richtig zuständig. Das sollte nämlich Urban sein. Urban, glücklicherweise nur ein Zimmer weiter sesshaft, war sehr sympathisch, und sehr nett, aber - ihr ahnt es schon - nicht wirklich zuständig. Immerhin wusste er aber, wer zuständig ist, nämlich Nora. Nora wohnte leider nicht nur ein Zimmer weiter, aber wir haben es trotzdem gefunden. Nora ist wirklich ausgesprochen nett; obwohl sie eigentlich extrem im Stress war (sie hatte am nächsten Tag eine Klausur, ich nehme zwar mal an dass sie auf der schöneren Seite der Klausur aktiv war, aber vielleicht musste sie die noch zusammenstellen oder so). Sie hat sich trotzdem geduldig angehört, was wir wollen, konnte aber leider nichts machen, weil sie zwar ein bisschen zuständig war, ich aber noch keine sogenannte P-Nummer habe. Nicht nur, dass jeder Bürger Schwedens eine Personalnummer hat, die er für Steuern und ähnliches braucht (ich brauche wohl auch eine, wenn ich auch noch nicht genau weiß wofür), nein, die Uni verteilt auch noch intern eine P-Nummer, die wie die Personalnummer mit dem Geburtsdatum beginnt, aber dann mit Pxxx endet. So eine Nummer hatte ich natürlich noch nicht, denn ich war ja grad erst angekommen. Aber sie kannte jemanden in ihrer Arbeitsgruppe, der auch Student ist und das vielleicht wüsste. Den - und seine Chefin - haben wir dann auch sogleich aufgetrieben und gefragt. Glücklicherweise hatten sie eine Idee, wo man sich die P-Nummer besorgen könnte. Unglücklicherweise war das wieder ganz woanders. Nichtsdestotrotz sind wir tapfer dorthin gestapft, zu einem alten, namenlosen Mann (also ich weiß seinen Namen an der Stelle nicht), der ein sehr ausführliches Gespräch mit einem anderen namenlosen Mann führte. Als wir dann endlich unser Anliegen vortragen konnten, war er doch eher überfordert, hatte aber eine gute Idee, wen man da fragen könnte...Anna, aus dem Büro gegenüber. Anna wusste Bescheid, und zwar dass ich diese Nummer bei ihr nicht bekommen kann. Dazu müsste ich erst als Student angemeldet sein...und diese Anmeldung scheiterte ja bisher an der fehlenden Personalnummer. Hm. Mit dieser interessanten, wenn auch etwas unbefriedigenden Erkenntnis sind wir einfach mal wieder zu Nora, die uns vermutlich sehr böse sein würde, dass wir sie schon wieder von der Arbeit abhalten. War sie aber nicht, sie war immer noch sehr nett. :-) Wir beschlossen, dass wir den Antrag vielleicht einfach mal versuchen ohne P-Nummer einzureichen, in der Hoffnung, dass "die" (wer auch immer "die" sind) mir dann schon eine zuweisen. Und wie wir da so am Reden waren kam das Gespräch darauf, dass ich recht passabel Schwedisch spreche, ja woher ich das denn könnte, oh ich hätte einen Sprachkurs gehabt, damals, als ich schon mal in der Uni war...damals...als ich ja auch schon eine P-Nummer zugewiesen bekommen hatte...die sich auch noch im Computer fand... . Kurz und gut, wäre einem etwas dussligen Studenten, der hier namentlich nicht erwähnt werden möchte, das mal früher eingefallen, hätte man sich grob die letzten 4 Stationen sparen können. Aber so kenne ich jetzt wenigstens den gesamten bürokratischen Apparat und einen Haufen netter Leute.
Aber wir waren noch nicht am Ende. Denn wie das Formular nun auszufüllen ist, da war sich Nora auch nicht ganz sicher. Denn ich mache ja eine einjährige Diplomarbeit, während die Schweden nur eine halbjährige Abschlussarbeit ("exjobb") machen. Dazu bin ich ohne Abkommen oder Erasmus hier, sondern total unabhängig, was auch noch alles Probleme verursacht; nicht, weil man solche Leute nicht will, sondern einfach, weil man nicht genau weiß wie man die eigentlich "verarbeiten" soll. Das war (ist) glaube ich die Grundproblematik an der ganzen Sache. Die Frage war also, was man in diesem Formular für "Studenten" einträgt, weil ich ja eigentlich nicht als Student auftreten wollte (mit Vorlesungen besuchen etc.), aus versicherungstechnischen Gründen aber als solcher geführt werden soll. Hrch. Aber Ewa sollte Bescheid wissen, von der wir wieder freundlich auf Urban verwiesen wurden, der leider relativ neu ist, so dass sein Vorgänger den letzten meiner Art bearbeitet hatte. Aber er hatte zumindest so eine Grundidee, und so haben wir einfach eine Vorlesung und eine halbjährige schwedische Diplomarbeit in den Studienplan eingetragen. Das Verfahren läuft, mal sehen was bei rauskommt (das Antragsformular sah jedenfalls witzig aus, mit lauter durchgestrichenen, überschriebenen und zwischen die Zeilen gequetschten Einträgen, weil der von Nora, meiner Professorin, mir und wer weiß wem noch ausgefüllt wurde, und dann ständig falsche Sachen in falschen Feldern standen).
Daaann fehlte aber noch das Antragsformular für die Diplomarbeit respektive den Exjobb selber. Dem muss allerdings ein eine Art Zeitplan für den Verlauf der Arbeit beigefügt werden, laut Nora reicht da "so ein Satz pro Woche" schon aus. Ich frag mich ernsthaft, wie die sich das experimentelle Arbeiten vorstellen, soll da drin stehen "Woche 23: Voraussichtlicher Ausfall der Kühlpumpe am Sputter; stattdessen Arbeit mit dem Elektronenmikroskop"? Naja, Lotten und ich haben da jetzt was ausgetüftelt, wo immerhin zu jedem zweiten Monat ein Satz steht, vielleicht genügt das ja auch. Abgabe folgt noch.

Nachdem erst mal die P-Nummer "rausgefunden" (*hüstel*) war, wurde auch einiges anderes viel einfacher. Plötzlich gab es auch an der Chipkartenausgabe kein Problem mehr (zum Glück hat da keiner nachgefragt, wie man innerhalb von einer Stunde einmal ohne und dann plötzlich doch mit P-Nummer auftauchen kann), den ersten Anlauf habe ich euch aus Zeitgründen mal erspart. Und jetzt fühle ich mich richtig wichtig, und kann völlig ohne Begleitung den Korridor betreten. :-) Huh bin ich wichtig jetzt! :-)))

Ja, so war mein erster Tag (ich war auch noch beim Finanzamt wegen der "richtigen" Personalnummer und beim Migrationsverket wegen der offiziellen Anmeldung, die man mir wiederum im Finanzamt nahegelegt hat, und bei der Bank wo ich immer noch kein Geld aus dem Automaten, aber auch nicht am Schalter bekomme, aber das war alles nicht so superspannend). Es gibt noch so vieles zu erzählen, über den Aufbau der Arbeitsgruppe (menschlich und räumlich), die "Mensa", die anderen Gruppenmitglieder, meinen zweiten Tag, oder auch was ich überhaupt in meiner Diplomarbeit machen werde - aber damit muss ich euch auf ein anderes Mal vertrösten; ich weiß sowieso nicht, wer von euch sich überhaupt durch diesen Eintrag hier bis zum Ende durchgebissen hat. ;-)

Viele Grüße und bis bald.

Hendrik

8 Kommentare:

  1. ich! manmanman, wusste gar nicht dass die Schweden so bürokratisch drauf sind...
    Hamm wa wieder was gelernt...
    Lg, Eva

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  2. Ich dachte immer die Schwedinnen wäre bekannt dafür hübsch zu sein. Aber wenn ich jezt ständig "nett" lese... ;)

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  3. Bürokratie gibt es überall, da braucht man sich gar keine Illusionen machen. Und wo es keine gibt, musst du dafür bezahlen dein Ziel zu erreichen, das ist auch nicht unbedingt besser.

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  4. hmmm also die Schotten sind da nicht so. Nen Praxis-Semester kennen die auch nicht, dann war ich halt für ein halbes Jahr Gaststudent (was eigentlich nur für mind. ein Jahr geht und wenn man Doktorand is, aber das war trotzdem kein Problem). Musste dann nur kurz zur Registrierung in so ein Uni-Büro, danach hatte ich nen Studenten-Ausweis und durfte alles und musste nix. Bei der Stadt musste ich mich gar nicht anmelden und sonst auch nirgendwo...
    Und gekostet hat's auch nix...
    Fand ich gut! Dafür hatten die in der Bank von nix ne Ahnung...
    Lg Eva

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  5. Geschafft! Durchgelesen! Und viel gelacht! Weiter so lieber Hendrik, ich habe das Gefühl, zumindest einen Teil deiner Zeit in Upsala mitzuerleben - du solltest Autor werden! Das ist jetzt ernst gemeint, jawohl! :)

    Eine kleine Frage noch: Ich mag auch so gerne "regelmäßiger Leser" sein, bin ich nämlich - aber wie wird man das auf deiner Seite? Manuel & Jörg, wie habt ihr das gemacht? Oder weißt du das, Hendrik?
    Es winkt und ist auf dem Sprung zur Uni und dann ins Rugby, die Judith

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  6. Oh, da fragst du mich was...ich fürchte, man muss zumindest bei gmail angemeldet sein, oder so!? Vielleicht schreiben Manu oder Jörg hier noch was zu, sonst mache ich mich mal schlau.

    Und um gleich noch etwas anderes zu klären: Einige konnten oder können vielleicht nicht kommentieren, weil sie keinen Google-Account haben. Es gibt aber in der Auswahl unter dem Kommentarfenster ("Kommentar schreiben als...") ganz unten einen Punkt "Anonym". Damit müsste es für jeden möglich sein. Dann halt Namen vielleicht drunter schreiben, damit ich weiß wer es war. :-)
    Falls hier jemand ohne Account kommentiert hat, und den Punkt Anonym nicht nutzen musste (sprich es noch irgendwie anders geht), kann er/sie das gerne hier kundtun.

    Ach, und danke für das Kompliment, Judith! :-)

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  7. Es geht auch anders. Einfach statt "Anonym" den Punkt "Name/URL" auswählen. Da kann man dann seinen Namen eintragen. Das URL-Feld kann man leer lassen. Und dann steht über dem Kommentar "Ferdi hat gesagt..." :)

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  8. Weiß ja nicht wie das bei den Schotten ist, aber Blogspot hat das Problem, dass man keine RSS Feeds abonieren kann, welche aber mehr verbreitet sind (kompatibler und keinerlei Konten-vorraussetzung, etc.)

    Finde ich schade...

    PS: Alter, Schreibdusel :D

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